Manchmal hängt die Rettung aus schwieriger Situation an einem einzigen Menschen, der zur rechten Zeit beherzt das Richtige tut. Gideon, von dem die Bibel aus der Frühzeit Israels erzählt, war ein solcher Mensch. Der kluge, strategisch denkende Kopf erreichte es, durch taktisch geschickte Aktionen jede direkte militärische Konfrontation zu vermeiden, so dass das kleine, seinen mächtigen Nachbarn unterlegene Volk Israel überleben und vierzig Friedensjahre genießen konnte.
Manche sagen: Der Staat Israel braucht heute einen Mann oder eine Frau wie Gideon, die verstanden haben, dass militärische Stärke allein dem Land keinen Frieden bringt. Und Palästina fehlt es ebenso an einer solchen Person. Nötig sind auf beiden Seiten Persönlichkeiten, die vom Frieden beseelt die gegenwärtige Situation überwinden wollen; und die über die Autorität verfügen, im eigenen Volk die für schmerzliche Kompromisse nötigen Mehrheiten zu finden. Charismatische Gestalten wie der biblische Gideon.
Als ihm nach all seinen Erfolgen die Königswürde angetragen wird, lehnt er ab: Ich will nicht Herrscher über euch sein, sondern der HERR soll Herrscher über euch sein. (Richter 8,23) Gideon kennt in seiner politischen Weisheit die Gefahren, wenn Menschen über Menschen herrschen. Nötig ist ein Gottvertrauen, das kritisch bleibt gegenüber aller Herrschaft von Menschen über Menschen – auch der eigenen.
Die Antwort des Gideon zeigt auch, dass gerade die Realpolitik des Wunders bedarf. Eines Wunders, das die Realpolitik nicht überflüssig macht, sondern ermöglicht, beseelt und bestimmt.
Ich erinnere mich an eine Predigt vor dreißig Jahren über einen Bibeltext eines Propheten. Der Prediger verdeutlichte die Notwendigkeit von Utopien, von Zukunftshoffnungen, die jeder für unmöglich hält und die doch nötig sind, um die Gegenwart zu verbessern. Er sagte 1986: "Was der Prophet für die Zukunft verheißt, ist so, als würde er sagen: Morgen fällt die Berliner Mauer, Nelson Mandela wird Präsident von Südafrika und Yassir Arafat Außenminister des Staates Israel". Zwei dieser Wunder sind drei Jahre später geschehen. Auf eines von der Art des dritten warten wir noch.
Vielleicht wird es das Wunder sein, dass in der jungen Generation, die demnächst in Israel und Palästina politische Verantwortung übernimmt, auf beiden Seiten Persönlichkeiten heranwachsen, die gegen den Trend von klein auf gelernt haben zu sagen "Wir weigern uns Feinde zu sein" und die dementsprechend handeln. Menschen wie Gideon, die im Vertrauen auf Gott sich dem Trend des Üblichen widersetzen.