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Die Sendung zum Nachlesen:
„Alle guten Gaben, alles, was wir haben, kommt oh Gott vor Dir, wir danken Dir dafür. Amen.“
In meiner Familie beten wir vor dem Essen. Das Radio wird ausgeschaltet. Es wird einen Moment still. Wir falten die Hände und verständigen uns kurz, wer betet. Wer möchte, betet dann laut mit freien oder mit auswendig gelernten Worten. Die anderen am Tisch lauschen und stimmen in das Amen ein oder wünschen anschließend einen guten Appetit. Das ist unser Ritual: erst wird gebetet, dann gegessen.
Zugegeben manchmal scheint es lästig zu sein. Da läuft einem schon das Wasser im Mund zusammen, der Braten oder Auflauf duftet vorzüglich und das Tischgebet ist noch nicht gesprochen. Das Tischgebet lässt uns stille werden und uns mitten im Alltag einen Moment besinnen: Wir sind versorgt. Unser Hunger wird gleich gestillt. Gott versorgt uns. Deswegen danken wir Gott und erbitten seinen Segen für das Essen und manchmal auch für die Gemeinschaft und den weiteren Verlauf des Tages.
Das wunderbare alte Wort „innehalten“ beschreibt für mich am besten, was das Tischgebet mit mir macht. Und das Gebet erinnert mich daran, dankbar zu sein. Ich werde dankbar, dass eine Mahlzeit – oft sogar eine warme Mahlzeit – auf dem Tisch steht. Und mir wird bewusst, dass das nicht selbstverständlich ist. Dann wandert mein Blick über meinen Tellerrand hinaus zu denen, die hungern, die zu wenig oder gar nicht zu essen haben.
„Unser tägliches Brot gib uns heute.“ Diese Bitte ist aus dem Vater Unser, dem Gebet, das Jesus seinen Jüngern gelehrt hat zu beten. Jesus lehrte also, im Gebet um die tägliche Versorgung zu bitten, eine ausreichende Portion für jeden Tag – nicht auf Vorrat, sondern täglich das Notwendige zum Leben. Die täglichen Bedürfnisse gehen weit über das tägliche Brot und die benötigten Kalorien hinaus. Das Vaterunser hat ja auch nicht nur diese eine Bitte. Neben das Grundbedürfnis nach Essen treten der Hunger nach Anerkennung, Erfolg, Selbstverwirklichung, auch nach Frieden und Sicherheit, nach Gerechtigkeit Gesundheit, ja und natürlich nach Liebe und Leben. Wenn man erst einmal anfängt, aufzuzählen, werden einem immer mehr bewusst. Jesus blickt auf das Heute und lädt ein, Gott täglich zu vertrauen, dass er uns mit dem versorgt, was wir zum Leben brauchen.
So heißt es im in Matthäusevangelium:
„Macht euch also keine Sorgen! Fragt euch nicht: Was sollen wir essen? Was sollen wir trinken? Was sollen wir anziehen? […] Euer Vater im Himmel weiß doch, dass ihr das alles braucht. […] Macht euch also keine Sorgen um den kommenden Tag – der wird schon für sich selber sorgen. Es reicht, dass jeder Tag seine eigenen Schwierigkeiten hat.“ (Mt 6,31.34)
Sorgen und der Hunger nach mehr können den Blick auf die Gegenwart vernebeln. Hunger kann so richtig schlechte Laune machen. Meistens ist das noch gar kein echter Hunger, sondern bloß Unterzuckerung. Schon sie kann einen geradezu in eine Bestie verwandeln. Alles Denken fokussiert sich auf den „Hunger“ und die schnellstmögliche Stillung. Die Umwelt wird nahezu ausgeblendet. Wenn dann der Zuckerspiegel wieder stimmt, kann man seine Kraft wieder getrost anderen Dingen widmen.
Das Tischgebet erinnert mich daran, dankbar zu sein. Ich werde nicht nur dankbar für das Essen, sondern auch für die vielen anderen Dinge um mich herum, die für mich selbstverständlich geworden sind, wie mein tägliches Brot, meine Tasse Kaffee am Morgen, mein Dach über dem Kopf oder meine Freundschaften. Nicht jedes Tischgebet löst in mir ganz viel aus. Manchmal ist es einfach nur der kurze Moment des Betens selber, manchmal wirkt es nach: Was ist Gutes in meinem Leben? Was brauche ich eigentlich zum Leben? Was ist mir wirklich wichtig? Dankbar erkenne ich, dass ich genug habe. Ich adressiere meinen Dank an Gott – in dem Vertrauen, dass Gott all meine Bedürfnisse sieht und mich täglich neu mit dem versorgt, was ich zum Leben brauche.
„Alle guten Gaben, alles, was wir haben, kommt oh Gott vor Dir, wir danken Dir dafür. Amen.“
Es gilt das gesprochene Wort.