Und heilet alle deine Gebrechen

Feiertag

Erinnerung an den Garten in Etten, van Gogh 1888

Und heilet alle deine Gebrechen
Heilung – was ist das?
29.03.2015 - 07:05
31.03.2015
Pfarrerin i.R. Angelika Obert

„Mit den Jahren kann das Leben ganz schön weh tun...“

     „Mal schmerzt es hier, mal schmerzt es da...“

„Lesen, was gesund macht!“

     „1, 2, 3 – die Nase frei.“

„Wirkt punktgenau da, wo's weh tut“

     „Wie so’n Schmerzausschalter.“

„präzise, schnell, verträglich“

     „Bevor es Sie so richtig erwischt!“

 

Jeden Abend geht das so im Fernsehen: Die Werbung dreht sich in der Hauptsache um unsere Zipperlein und verspricht immer noch schnellere Schmerzfreiheit, damit wir entspannt wieder aufs Fahrrad steigen oder einsatzfreudig zur Arbeit gehen und auch sonst nichts Wesentliches verpassen.

 

Kurz, mithalten können im Getriebe. Gut gelaunt funktionieren, könnte man etwas boshaft auch sagen. Dabei scheint der Kampf ums Wohlbefinden gar nicht einfach zu sein. All die viel versprechenden Heilmittel sagen es ja: Mal schmerzt es hier, mal schmerzt es da. Nur selten fühlen wir uns so gut, dass es nicht noch besser sein könnte.

 

Mit ein paar Vitaminpräparaten vielleicht, einem Wellness-Wochenende oder sogar einer kosmetischen Korrektur.

 

Sich wohl fühlen, kraftvoll sein, gut aussehen – wir haben hohe Erwartungen an unsere Möglichkeiten. Optimierung wird uns nicht nur versprochen, sondern irgendwie auch verlangt: Du kannst doch etwas dafür tun, dass es dir gut geht!

 

Und wenn es ernst wird, dann gibt es immer noch die Ärzte. Die müssen doch etwas tun können gegen den Krebs, die Multiple Sklerose, den Herzinfarkt, gegen all die heimtückischen Krankheiten, die dem gut gelaunten Funktionieren so hart die Grenze setzen.

 

Tatsächlich können die Ärzte mittlerweile viel tun auch gegen lebensbedrohliche Erkrankungen. Aber nicht immer. Manche Schmerzen wollen nicht weggehen. Manche Erkrankungen bleiben rätselhaft.

 

Das ist doch klar, sagen jetzt Viele. Der Mensch ist keine Maschine, die man einfach so reparieren kann. Im Heilungsprozess spielen doch auch Seele und Geist mit, Kraftströme, die Balance der Energien.

 

Man besinnt sich auf die Ganzheit des Menschen und eine ganzheitliche Medizin: alternative Heilmethoden aus andern Kulturen, auch Geistheilung und Hand auflegen. Zahlreiche Heilerinnen und Heiler sind am Werk in der Überzeugung: Heilung hat mit Kräften zu tun, die nicht chemisch herzustellen sind.

 

Und so kommt dann auch die Religion wieder ins Spiel: der Glaube, die Spiritualität – ein Offensein für das Nicht-Machbare.

 

Das dann allerdings nicht so ganz offen ist, wenn es schon gleich in den Dienst der Gesundheit gestellt wird. Aber wenn Gesundheit das höchste Gut ist, scheint es logisch, dass auch die Religion ihr zu dienen hat.

 

Akribische Studien in den Vereinigten Staaten belegen, dass gläubige Menschen alles in allem gesünder sind als Ungläubige. Auch dass Gebete den Heilungsprozess befördern, ist bereits klinisch untersucht worden.

 

Und wurde auch wieder bestritten. Nicht bestreiten lässt sich, dass es allen Religionen und auch der christlichen wirklich um das Heil der Menschen geht, ihr Geheilt sein. Aber was ist damit gemeint?

 

 

Wenn Menschen nach dem Heil fragen, meinen sie noch etwas Anderes als Gesundheit. Schließlich erleben sie das Unheil auch nicht nur als Krankheit. Leiderfahrungen betreffen das ganze Dasein. Kein Mensch kommt darum herum, wenn das Zusammenleben schmerzt, wenn man sich unverstanden, ungeliebt oder gar betrogen findet.

 

… Aber auch selbst an andern schuldig wird.

 Wenn man mit dem eigenen Scheitern konfrontiert ist,

das Dasein als Gefängnis empfindet, fremdbestimmt von fragwürdigen Normen.

sich schließlich auch in eine Welt verstrickt findet, in der Unrecht und Gewalt kein Ende nehmen.

 

Es gibt keine heile Welt und noch nicht einmal eine rundum heile Familie. Darüber besteht Einigkeit. Nur dass ich für mich selbst so etwas wie Heilsein schaffen könnte, wenn ich nur genug für meine Gesundheit und mein Glück tue – diese Illusion wird heute kräftig genährt.

 

Der Bibel ist sie fremd. Sie weiß, dass die Brüche und Dunkelseiten schon in jedem einzelnen Ich anfangen. Dass ich mich nicht heil machen kann.

 

Trotzdem erlaubt sie uns die Sehnsucht nach dem Heil und sagt es uns zu – als Geschenk Gottes. Ich kann es nicht selbst schaffen, aber erfahren und erhoffen.

 

„Schalom“ – das hebräische Wort für „Heil“ ist nicht aufs Jenseits gerichtet. Es meint auch das leibliche Wohlbefinden, aber doch in dem umfassenden Sinn, dass es dabei auch um Recht und Versöhnung, um Vergebung und Befreiung geht.

 

Wenn das Heil so das ganze Leben umfasst, dann eben auch das Unheil: Krankheit und Sünde werden in der Bibel oft zusammen gesehen. Das bleibt uns unverständlich, solange wir die Sünde nur moralisch verstehen. Gemeint ist aber: Leiden und Gottesferne haben miteinander zu tun – beide verlangen nach Heilung.

Sprecher: Und in der Bibel sind es oft gerade die Gott suchenden Menschen, die eine ganze Menge zu erleiden haben.

 

 

Herr, strafe mich nicht in deinem Zorn
und züchtige mich nicht in deinem Grimm!
Es ist nichts Gesundes an meinem Leibe, wegen deines Drohens
und nichts Heiles an meinen Gebeinen wegen meiner Sünde.
Meine Wunden stinken und eitern
um meiner Torheit willen.
Ich gehe krumm und gebückt;
den ganzen Tag gehe ich traurig einher.

 

So spricht sich in den biblischen Psalmen ein Kranker aus. Er kennt keine „schnelle Linderung“, keinen „punktgenauen Schmerzausschalter“ – natürlich nicht, es gab ja noch kaum Heilmethoden. Es gab nur die Erfahrung des Leids und die damit verbundene Verzweiflung:

 

Gottes Zorn hat mich geschlagen, meine Lebenskraft ist dahin, ich bin nur noch ein Wurm – war ich denn je etwas anderes?

 

Zum Selbstzweifel kommt die Verlassenheit: Wer soll mich denn in dieser Verfassung noch lieben? Wie kann ich mich jetzt noch wehren in dieser Welt voller Hinterhalt?

 

Meine Lieben und Freunde scheuen zurück vor meiner Plage,
und meine Nächsten halten sich ferne.
Die mir nach dem Leben trachten, stellen mir nach,
und die mein Unglück suchen, bereden, wie sie mir schaden;
sie sinnen auf Trug den ganzen Tag.

 

Ist das nicht ein bisschen übertrieben? So mag es sich von fern anhören. Aber wer sich an Phasen echter Verzweiflung erinnert, kann wohl mitfühlen: Es schwimmen einem da ganz schnell alle Felle weg. Wirklich alles, was sonst Halt gibt, wird fragwürdig. Die hemmungslose Klage ist da doch sehr ehrlich.

 

Und dann ist diese Klage doch ein Gebet. Zu Gott schreit der Gottverlassene, von ihm erfleht er Hilfe und Heilung:

 

Aber ich harre, Herr, auf dich;
du, Herr, mein Gott, wirst erhören.
Verlass mich nicht, Herr, mein Gott, sei nicht ferne von mir!
Eile mir beizustehen, Herr, du meine Hilfe! (Psalm 38 Auszüge)

 

Er lässt Gott nicht los, im Gegenteil: Wenn er schon alles verloren hat, was ihn sonst zusammenhielt, bleibt ihm nur noch der Halt im Gebet.

 

Und das ist nichts weniger als ein Kampf mit Gott. Es ist Gott, der ihn heimsucht, der ihm alle Sicherheit genommen hat. Gott muss es sein, der ihn auch wieder aufrichtet.

 

„Heile du mich, Herr, so werde ich heil“ So betet auch der Prophet Jeremia. Von Jeremia wissen wir, dass er schrecklich gelitten hat, weil er zum allgemeinen Gespött wurde. Man hielt ihn für verrückt, weil er Unheil sah, wo die andern zufrieden mit sich waren. Natürlich macht das krank, wenn alle einen für verrückt halten. Wenn Jeremia betet: „Heile du mich, Herr, so werde ich heil“, dann weiß er schon: Für ihn gibt es keine Rückkehr in die Normalität. Für ihn muss „Heil sein“ etwas anderes bedeuten. Für ihn muss Heilung bedeuten, dass er es aushalten kann, anders zu sein. Dass er ja dazu sagen kann, dass Gott ihn so will.

 

Jeden eigenen Halt aufgeben, sogar alles Verlangen nach Glück und Bestätigung loslassen – kein Mensch kann das wollen und freiwillig tun. Dagegen lässt sich nur aufbegehren, so wie es in der Bibel auch der von Gott geschlagene Hiob tut. Ein Unschuldiger, mit nichts hat er seine schwere Krankheit verdient. Zu Recht lässt er sich nicht trösten, er klagt Gott an, er ruft ihn herbei – und schließlich wird ihm Gott selbst auch begegnen. Kein lieber Gott, sondern der Gott, der Alles in Allem ist. Hiob wird ihn erfahren – und erst dann beginnt seine Heilung.

 

Vor der Heilung steht der Weg durch den Abgrund, in das tiefe Dunkel, wo gar nichts Anderes mehr bleibt als das Loslassen, das Fallen in Gottes Hand.

 

Dann wird die Heilung aber auch erfahren wie eine neue Geburt. Dann ist sie mehr als nur Gesundheit im Sinne von: „Na, endlich bist du wieder der Alte!“ Nein, es ist ein neuer Mensch, der schließlich jubelt:

 

Lobe den Herrn, meine Seele,
und was in mir ist, seinen heiligen Namen!
Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat:
der dir alle deine Sünden vergibt und heilet alle deine Gebrechen,
der dein Leben vom Verderben erlöst,
der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit,
der deinen Mund fröhlich macht
und du wieder jung wirst wie ein Adler.    (Psalm 103, 1-5)

 

Die Krise ist in der Bibel nichts, was unbedingt vermieden werden muss. Die Krankheit kann zu einer tieferen Gründung führen. Zu einer Ganzheit, die uns wohl erst geschenkt wird, wenn wir uns nicht mehr selbst dirigieren. Und Ganzheit – das meinen wir ja mit: Heilsein.

 

Auch heute sagen manche, die durch eine schwere Krankheit gegangen sind: Ich bin wie neu geboren. Ich sehe das Leben mit andern Augen. Ich weiß jetzt, worauf es wirklich ankommt.

 

Die Bibel nennt es: Gottesnähe. Wir würden vielleicht sagen: Innerer Frieden. Dazu gehört das Ja zu den eigenen Grenzen. Ich bin nicht die Steuerfrau meines Lebens. Mein Körper gehorcht mir nicht immer, meine Selbstgewissheit kann zerbrechen. Aber das ist nicht das Ende – es ist der Anfang einer Verwandlung.

 

 

Krankheit kann zu tieferer Einsicht führen, zu mehr Gottesnähe – so legt es die Bibel nahe. Aber das ist mit einer bitteren Erfahrung verbunden: mit der Ausgrenzung aus der Gemeinschaft der Gesunden. Der Psalm hat es drastisch geschildert, wie fremd und ausgeliefert sich der Kranke in der Welt fühlt.

 

Und das ist nicht nur ein Gefühl. Wer nicht mithalten kann, bleibt wirklich außen vor. Denn so gestört, wie er ist, würde er die andern ja nur stören.

 

Auch wenn gar keine Ansteckungsgefahr besteht: Ein Mensch mit Einschränkungen hält nun mal den Betrieb auf – und vielleicht ist er den Gesunden auch unheimlich in seiner Gebrechlichkeit: „Ach, wie furchtbar!“ heißt es ja auch heute noch angesichts schwerer Behinderung. Es ist offenbar furchterregend, die menschliche Gebrechlichkeit nah an sich herankommen zu lassen.

 

In biblischer Zeit war man darum noch sehr rabiat: Die Kranken mussten ausgesondert werden. Man wusste es nicht besser. Sie waren doch sichtlich von Gott geschlagen: Für das Heil der Gemeinschaft schien es wichtig, sie zu meiden.

 

So hart sind wir längst nicht mehr. Müssen es auch nicht sein, da wir doch viele Mittel kennen, Krankheiten zu heilen und Behinderungen zu mildern. Kranke können wieder hergestellt werden und Menschen mit Behinderung immer noch sehr viel leisten. Auch sie können um Siegerplätze kämpfen, dafür stehen nicht zuletzt die Paralympics.

 

Nur verraten diese großartigen Errungenschaften am Ende doch auch: Heute wie damals geht es um den Beweis der Leistungsfähigkeit. Sie ist das Maß, an dem gutes Leben gemessen wird. Und da sind wir angesichts unserer therapeutischen Möglichkeiten heute vielleicht noch strenger als unsere Vorfahren in alter Zeit.

 

Jedenfalls sehr anspruchsvoll, wenn wir bedenken, wie hoch die Erwartungen an gutes Aussehen, Fitness und Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter sind – und wie groß die Angst davor, am Ende pflegebedürftig zu werden.

 

Nichts scheint schlimmer zu sein, als krank und machtlos in die Hände der Mitmenschen zu fallen. Ein Zeichen dafür, dass Abhängigkeit und Schwäche für uns heute offenbar noch unerträglicher sind als für die Menschen zu biblischer Zeit.

 

Und darum ist Jesus heute auch nicht weniger anstößig als er es für die Menschen seiner Zeit war. Jesus – das ist bekannt – war ein großer Heiler. Aber nie ging es ihm einfach darum, die Blinden und Lahmen, die Aussätzigen und Besessenen einfach wieder herzustellen. Noch wichtiger war ihm die Heilung der Gemeinschaft: Die Schwachen sollten eben nicht weggedrängt werden. Wo immer er sich den Kranken zuwandte, durchbrach er zuerst die Barriere, die sie zu Ausgesonderten machte.

 

Und es kamen einige zu ihm, die brachten einen Gelähmten, von vieren getragen.
Und da sie ihn nicht zu ihm bringen konnten wegen der Menge, deckten sie das Dach auf, wo er war, machten ein Loch und ließen das Bett herunter, auf dem der Gelähmte lag.
Als nun Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gelähmten: Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben.

 

So berichtet das Markusevangelium. Ein Mann, der sich schon lange nicht mehr rühren kann, wird plötzlich zum Mittelpunkt der Versammlung. Das geschieht nicht ganz von selbst. Er hat Freunde, die es im Vertrauen auf Jesus wagen, die Grenze zu überschreiten, die dem Gelähmten gesetzt ist. Wenn sie nicht durch die Tür kommen, dann eben durch das Dach.

 

Gut gemacht, sagt Jesus. Euer Glaube hat euch richtig geführt. Denn dieser Gelähmte gehört wirklich hierher – in die Mitte der Gemeinschaft. Und indem er dem Gelähmten Vergebung zuspricht, erklärt er in aller Öffentlichkeit: Nichts ist an dir verwerflich. Du musst dich nicht verstecken.

 

Aber das nehmen ihm die Umstehenden übel. Was maßt sich Jesus da an? Er bringt die Ordnung durcheinander. Sie glauben sogar: die göttliche Ordnung.

 

Es saßen da aber einige Schriftgelehrte und dachten in ihren Herzen: Wie redet der so? Er lästert Gott! Wer kann Sünden vergeben als Gott allein?
Und Jesus erkannte sogleich in seinem Geist, dass sie so bei sich selbst dachten, und sprach zu ihnen: Was denkt ihr solches in euren Herzen?
Was ist leichter, zu dem Gelähmten zu sagen: Dir sind deine Sünden vergeben, oder zu sagen: Steh auf, nimm dein Bett und geh umher?
Damit ihr aber wisst, dass der Menschensohn Vollmacht hat, Sünden zu vergeben auf Erden – sprach er zu dem Gelähmten:
Ich sage dir, steh auf, nimm dein Bett und geh! (Markus 2, 1-12)

 

Was ist denn leichter: Schwäche und Hilflosigkeit zu akzeptieren als etwas, was zu uns gehört, oder einen Kranken wieder herzustellen? Wenn Jesus uns so fragte, was würden wir wohl antworten?

 

Natürlich möchten wir wieder gesund werden. Aber das Gesundwerden mag damit anfangen, dass wir uns unserer Schwäche nicht schämen müssen. Dass sie eben Raum hat unter uns – und in uns.

 

Bei den Heilungsgeschichten Jesu steht nicht die medizinische Kunst zur Debatte. Es geht um die Frage nach dem wahrhaftigen Leben. Jesus zeigt: Es kann so lange nicht wahrhaftig sein, wie Menschen meinen, es komme vor allem auf ihre Stärke an. Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig, das weiß Jesus, denn die Starken lassen Gott ja gar nicht nah genug an sich heran.

 

„Nimm dein Bett und geh“ – wenn Jesus den Gelähmten schließlich zum Gehen auffordert, dann will er doch wohl auch sagen: Lass dir von den Starken nicht bange machen. Geh deinen Weg.

 

 

„Hauptsache gesund“ – was wir uns gern zurufen, ist nicht gerade ein christliches Motto. Nicht das, worauf es dem Menschensohn Jesus ankam.

 

„Hauptsache gesund“ – wenn wir so reden, haben wir die Krankheit ja schon auf die Schattenseite geschoben. Aus dem eigenen Blickfeld entfernt. Und müssen immer Angst haben, doch dahin zu geraten, wo wir nicht hingucken wollen. Und die haben wir ja auch wirklich: Angst, sich nicht mehr behaupten zu können, Angst vor der Schwäche und vor dem Schmerz.

 

Und all das gehört doch zum Leben. So ist die Frage: Wie sehr lassen wir uns von der Angst beherrschen? Lassen wir sie so groß werden, dass sie uns im Tiefsten schließlich lähmt?

 

Die lähmende Angst, Jesus hat sie in den Augen des Mannes gesehen, der sich nicht mehr rühren konnte. Und er hat sie ihm genommen, indem er ihn mit seiner Schwäche in die Gemeinschaft der Andern hineinholte.

 

Dabei ging es ihm gewiss nicht nur darum, dem Kranken das Leben leichter zu machen. Ihn mit seiner Gebrechlichkeit zu versöhnen. Es ging ihm auch um die Andern, die Gesunden und ihre Angst vor den Schattenseiten. Auch sie sollten verstehen: Die müssen nicht weggedrängt werden.

 

Die meisten Starken und Gesunden haben Jesus nicht verstanden. Lieber haben sie ihn aus ihren Reihen verdrängt. So nimmt der Sohn Gottes schließlich selbst Schuld und Krankheit auf sich: Er geht selbst durch Schmerz und Spott, Einsamkeit und Todeskampf – er ist da, wo unsere tiefste Angst sitzt

 

Und nun müssen alle, die ihm vertrauen, sich darin nicht mehr verlieren. Denn nichts, auch der Tod nicht, kann uns scheiden von der Liebe Gottes. So sagt es der Apostel Paulus angesichts des Leidens Christi. Wir sind geheilt von der Herrschaft der Angst. Versöhnt mit unserer Hinfälligkeit.

 

 

Musik dieser Sendung:
CD Hubert Nuss, The Underwater Poet, Greenhouse 1016

31.03.2015
Pfarrerin i.R. Angelika Obert