Gemeinfrei via Unsplash/ Jan Tinneberg
Sendung zum Nachhören:
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Die Sendung zum Nachlesen:
„Macht hoch die Tür, die Tor macht weit!“ Kein anderes Adventslied kann mithalten mit diesem alten Choral. Das ist und das bleibt so für mich. Kein anderer Text, keine andere Melodie öffnet mir so das Herz und bringt es zum Schwingen. Es dringt durch meine Erwachsenenhaut hindurch. Es macht sie durchlässig für die pure Vorfreude aufs Christkind, die ich einst empfinden konnte, als ich klein war.
„Macht hoch die Tür, die Tor macht weit!“ In diesem Advent bin ich besonders empfänglich für dieses Lied. Ich weiß nicht, wann mir das Herz so eng war in meinem bisher so behüteten und freien Leben. Ich meine damit diese neue Herzensenge und Herzenshärte, gegen die sich viele gar nicht recht wehren können. Einfach weil es so normal geworden ist, schneidig und herzlos über leidende Menschen zu sprechen. Weil naiv geschimpft wird, wer kein dickes Fell hat. Und weil beim Anblick von Elendslagern und Pushbacks mit Schlagstöcken und Ertrinkenden so wenige sich noch trauen zu rufen: „Aber es sind doch Menschen!“
Ich ahne, dass unsere Seelen beim großen Dichtmachen nicht frei und unversehrt bleiben. Es ist ja so: Die Abschottung der Grenzen geht nicht ohne die Abschottung der Herzen. Die Abwehr von hilfesuchenden Menschen geht nicht ohne die Abwehr von Mitleid. Und so bitter es ist: Das funktioniert, habe ich mit Schrecken bei mir selbst festgestellt. Es regt mich nicht mehr so auf.
Und das zu erkennen – das regt mich wirklich auf.
„Komm, o mein Heiland Jesu Christ, meins Herzens Tür dir offen ist.
Ach zieh mit deiner Gnade ein; dein Freundlichkeit auch uns erschein.“
Soll denn unsere offene Gesellschaft eine werden, die sich verschließt vor Gnade und Menschenfreundlichkeit? Soll als naiv gelten, wer ein Wort des Mitleids spricht? Nein. Die Freiheit, die ich verteidigen möchte, ist auch die Freiheit, barmherzig zu sein. „Macht hoch die Tür“, das ist darum mein Wunsch, mein Gebet vor diesem Weihnachten 2023.
Der Adventschoral ist in Anlehnung an Psalm 24 gedichtet. Dieser Psalm kündigt kraftvoll wie eine Fanfare Gottes Ankunft an: „Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, damit der König der Ehre einziehe.“ Christinnen und Christen glauben: Der König der Ehre – der kommt an in Jesus, einem Menschen, dem alles fehlt, was gemeinhin als Ehre gilt. Er macht sich gemein mit den Hungrigen, Durstigen, Fremden, Obdachlosen, Nackten und Verfolgten. Jesus Christus sagt: Was ihr ihnen tut, das tut ihr mir.
Es gilt das gesprochene Wort.
Musik dieser Sendung:
- WDR Funkhausorchester: Macht hoch die Tür, Ausstrahlung: 19.12.2020, WDR-Rundfunkarchiv, Gesamtlänge: 1:07, eingesetzte Zeit: 0:15.
- Orpheus Vokalensemble, Michael Alber: Macht hoch die Tür (Reger), CD-Titel: Chormusik zu Advent und Weihnachten, Track Nr. 5.
- Gli Scarlattisti, Jochen Arnold: Machet die Tore weit (Andreas Hammerschmidt), CD-Titel: Machet die Tore weit, Track Nr. 1.