Zukunftsangst

Morgenandacht
Zukunftsangst
26.01.2017 - 06:35
23.01.2017
Pfarrer Jost Mazuch

„Die Zukunftsangst der Deutschen nimmt zu. Eine Umfrage unter 1000 erwachsenen Menschen hat ergeben, dass nur 43% der Befragten den nächsten zwölf Monaten mit Hoffnung entgegensehen. Fast genauso viele sagten, sie blickten mit Skepsis und Befürchtungen in die Zukunft.

 

Die Zukunftsangst nimmt zu, und das ist eigentlich verwunderlich. Wirtschaftlich geht es unserem Land deutlich besser als den meisten anderen Ländern. Und wir leben hier immer gesünder und länger: Unsere durchschnittliche Lebenserwartung steigt weiter – jeden Tag um sechs Stunden.

 

Aber ist das nun eine gute Nachricht oder eine schlechte? Das kommt wahrscheinlich darauf an, was jeder einzelne vom Leben erwartet. Sich fürchten, weil das höhere Lebensalter an Krankheiten, Schwäche und Hinfälligkeit denken lässt? Oder ein längeres Leben froh als geschenkte Zeit erwarten? Das hängt sehr von der Lebens-Einstellung ab, von den Werten: Wie bewerte ich mein eigenes Leben und das von anderen? Wie das Leben von Kranken oder behinderten Menschen?

 

Fragt man, wovor konkret die Menschen Angst haben, dann fällt auf: mehr als die Hälfte der Befragten hat Angst vor steigender Fremdenfeindlichkeit, vor terroristischen Anschlägen und vor zu großem Zuzug von Flüchtlingen. Also das große Thema: wie verändert sich unsere Welt durch Kriege und Gewalt und durch die Fluchtbewegungen der Menschen. Und auch bei diesem Thema stelle ich fest: ob ich mich davor fürchte, hängt sehr davon ab, welche Einstellung ich dazu habe. Sehe ich in Fremden etwas, was ich ablehne, erscheinen sie eher bedrohlich. Anders, wenn ich mich für sie interessiere, sie mich neugierig machen. Die vielen ehrenamtlichen Helfer und Helferinnen erleben auch viele schwierige Situationen mit Flüchtlingen und Asylsuchenden. Aber sie haben weniger Ängste und Befürchtungen als die, die überhaupt nicht mit den anfangs Fremden in Kontakt treten.

 

Die Zukunftsangst der Deutschen nimmt zu. Und ich denke: dazu müssten wir als Christinnen und Christen doch etwas zu sagen haben! „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit“, so lese ich es in der Bibel. Besonnenheit könnte heißen: Erst einmal nachdenken, bevor ich den Mund aufmache, um irgendwelche markigen Sprüche loszulassen, oder bevor ich in der vermeintlichen Anonymität des Internets besinnungslose Kommentare poste. Besonnenheit ist doch das mindeste, was man von einem Christenmenschen erwarten kann.

 

Die Kraft, die Gott gibt, hilft standzuhalten gegenüber angstmachenden Gedanken und Sätzen. Immer häufiger heißt es jetzt: Wir müssen die Ängste der Menschen ernstnehmen! Ich finde, da stimmt etwas nicht. Die Menschen will ich ernstnehmen und mit ihnen sprechen. Aber den Ängsten will ich kraftvoll und mutig entgegentreten. Angst für sich genommen ist ja nichts Schlechtes und auch nichts Schlimmes. Angst ist wichtig, um vor Gefahren zu schützen. Aber Angst ist ein schlechter Ratgeber, sie alleine führt nicht weiter. Darum gilt es, den Ängsten sachlich, freundlich und geduldig zu begegnen: mit Kraft, mit Besonnenheit, und mit Liebe.

 

Ja, mit Liebe – sie ist das dritte Geschenk, von dem die Bibel spricht. „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ Liebe macht ängstliche Herzen mutig. Liebe führt zueinander und überwindet die Gräben, die voneinander trennen. Angst lässt zurückweichen. Aber die Liebe gibt Antrieb und lässt uns vorwärtsgehen, aufeinander zu.

 

Was die Zukunft bringt, weiß ich nicht. Aber ich kann mich auf sie einlassen in dem Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit, mit dem Gott uns Menschen beschenkt.

23.01.2017
Pfarrer Jost Mazuch