Zukunftssicherung

Morgenandacht

Gemeinfrei via unsplash/ Tim Mossholder

Zukunftssicherung
Morgenandacht von Pfarrer Eberhard Hadem
28.02.2024 - 06:35
29.12.2023
Pfarrer Eberhard Hadem
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Der bengalische Dichter Rabindranath Tagore sagt einmal: „Jedes neugeborene Kind bringt die Botschaft, dass Gott sein Vertrauen in die Menschheit noch nicht verloren hat.“ Jedes Kind ist also der Bote einer Botschaft von einem großen Glück. Als würde Gott sagen: ‚Ich schenke euch einen großen Überschuss, der euch zufallen, euer Leben bereichern und beglücken wird. Wie nichts auf der Welt, das ihr jetzt schon habt und gerne festhalten wollt. Das ist meine Verheißung für euch: Eure Kinder sind meine Gabe, mein Geschenk an euch. Mehret euch und füllet die Erde.‘

Und was hat die Menschheit daraus gemacht? Sie hat sich gesagt: ‚Lasst uns Kinder kriegen, damit unser Leben eine neue Qualität erfährt. Lasst uns Kinder machen und reproduzieren, denn mit ihnen überleben wir, selbst wenn ein paar Kinder sterben. Lasst uns Kinder bekommen, damit wir uns keine Sorgen um die Zukunft machen müssen.‘

Auch dann, wenn wir keine Kinder mehr kriegen müssen, um die Zukunft zu sichern, ist der Kinderwunsch verständlich: ‚Ich will in meinen Kindern weiterleben. Ich bemühe mich, dass ich ihnen so viel wie möglich an Besitz, Weisheit und Wissen weitergebe. Ich pflanze mich in meinen Kindern fort. Es ist ein schöner Gedanke, dass mein Leben in ihnen weitergeht.‘

Kann daran irgendetwas verwerflich sein? Klingt doch eigentlich schön, geradezu klug und vorausschauend. Aber schon die Sprache verrät, wie selbstbezogen da gedacht wird: Fortpflanzung, Erhaltung, Reproduktion. Es geht um die Verteidigung des Alten. Und die macht nicht einmal Halt bei der Eroberung des Neuen, denn: ‚Ich will in meinen Kindern weiterleben.‘ Auch wenn der letzte Satz unschuldig klingt: Kinder sind vieles – nur eines nicht: der Lebenssinn ihrer Eltern. Gott hat eben nicht gesagt: ‚Pflanzt euch fort und drückt der Zukunft euren Stempel auf.‘ Kinder wollen anders empfangen werden. Sie mögen es ganz und gar nicht, wenn wir ihnen unseren Stempel aufdrücken wollen, unsere Sicht, wie wir die Welt sehen. Auch nicht unsere Angst vor der Zukunft. Es ist nicht ihr Glück, wenn sich unser Leben in ihnen fortsetzen würde.

Wenn Kinder geboren werden, kommt ein Überschuss ins Leben, den niemand sich selber geben kann. Jedes Kind ist eine ‚Gabe Gottes‘ an erster Stelle an das Kind selbst, für sich selbst. Ein Überschuss, eine Verheißung. Ich habe meine Kinder nicht produziert und schon gar nicht habe ich sie reproduziert, als könnte etwas von mir in ihnen weiterleben. Nicht einmal, wenn ich tatsächlich etwas von mir selbst in ihnen entdecke, eine Ähnlichkeit, ein vertrautes Lachen oder eine Geste. Denn: Sie sind nicht mein verlängertes Ich.

Als Vater von zwei Kindern fühle ich mich von Gott beschenkt. Der Älteste ist ins Leben seiner Eltern hineingeplatzt – undenkbar, wenn er‘s nicht wäre! So wie auch der Jüngere uns, seinen Eltern, zugefallen ist. Und ich empfinde meine neun Enkelkinder als einen großen Reichtum. Auch die unverdiente Gnade meiner Beute-Enkelkinder in einer Patchworkfamilie. Mit jedem meiner Kinder und Enkel „ist etwas Neues in die Welt gesetzt, was es noch nicht gegeben hat, etwas Erstes und Einziges“ (Martin Buber).

Bote und Botschaft sind also klar. Wer aber ist der Adressat der Kinderbotschaft? Ich verstehe es so: Jede und jeder ist gemeint, der Kinder hat und für sie verantwortlich ist. Völlig egal, ob es leibliche, adoptierte oder anvertraute Kinder sind, ob ich Mutter oder Vater, Lehrerin oder Arzt, Trainerin oder Erzieher bin. Weil Gott sein Vertrauen auch in mich noch nicht verloren hat: Denn es ist mein Job in dieser Welt, mein Mandat, dazu beizutragen, dass Kinder auf dieser Erde gut leben können. Diese Schuhe hält mir Gott hin und wartet darauf, dass ich sie mir anziehe, losgehe – und meinen Job mache. 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

29.12.2023
Pfarrer Eberhard Hadem