Abbruch und Aufbruch

Wort zum Tage
Abbruch und Aufbruch
01.03.2016 - 06:23
11.01.2016
Pfarrerin Marianne Ludwig

„Ich möchte doch nur, dass er zu mir zurückkommt! Jeden Abend bete ich darum!“ Die junge Frau schluchzt heftig. „Wir wollten doch Kinder haben, eine Familie gründen. Und nun soll das alles nicht mehr gelten?“

 

Wenn der Traum von einem gemeinsamen Leben zerbricht, ist die Verzweiflung groß. Liebeskummer zerschneidet das Herz und nagt am Selbstvertrauen. Der Schmerz setzt sich fest in den Gedanken, im Körper, in der Seele. Was ist, wenn man nicht mehr herauskommt aus dem Grübeln?

Nicht immer helfen gute Ratschläge. Nicht immer ist jemand greifbar, der zuhört und tröstet. Wie könnte ein wirksamer Trost überhaupt aussehen? Denn das, was sich die junge Frau jetzt am meisten wünscht, die Rückkehr ihres Partners, ist nicht mehr möglich.

 

Seelische Not kennt auch der biblische Beter Hiskia. Er empfindet sein Leben wie abgerissen und hält seine Verzweiflung Gott hin: „Siehe, um Trost war mir sehr bange“ (Jes 38, 17). Auch seine Zweifel verschweigt er nicht. Wird Gott sich seiner wirklich annehmen? So, wie er es versprochen hat?

 

Hiskia macht eine erstaunliche Erfahrung. „Du hast Dich meiner Seele herzlich angenommen, dass sie nicht verdürbe. Denn du wirfst alle meine Sünde hinter dich.“ Mitten im Gebet ändert sich der Blickwinkel. Auf einmal dreht sich nicht mehr alles um den eigenen Schmerz und das erlittene Unrecht. Das, was zerbrochen ist, kann er Gott überlassen. Dort sind die Scherben gut aufgehoben.

An den äußeren Umständen hat sich noch nichts geändert. Und doch ist etwas Entscheidendes passiert: Die Gedanken, sein Tun und Lassen kreisen nicht länger nur um das, was zerbrochen ist. Hiskia sieht sich nicht länger nur als bemitleidenswertes Opfer, sondern findet wieder Zugang zu seinen Kräften: „Du ließest mich wieder stark werden und machtest mich leben.“

 

Wo etwas abbricht, ist auch ein Aufbruch möglich. Wer darauf vertraut, kann sich das Scheitern wahrscheinlich leichter eingestehen. „Vielleicht habe ich mich zu sehr an meinen Traum geklammert“, fragt sich die junge Frau manchmal. „Oder habe nicht sehen wollen, dass er einfach nicht der Richtige ist.“

Wie die biblischen Beter ist auch die junge Frau nicht allein in ihrem Schmerz. Wie Hiskia wird ihr die Kraft versprochen, die sie für ihre neue Freiheit braucht. Gott wird sich ihrer Seele herzlich annehmen.

11.01.2016
Pfarrerin Marianne Ludwig