Das Weizenkorn und das Warten

Wort zum Tage
Das Weizenkorn und das Warten
(Johannes 12)
23.04.2021 - 06:20
15.04.2021
Angelika Scholte-Reh
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Umgraben im Frühjahr ist schwere Arbeit. Da wird der Mist des vergangenen Jahres mit un-tergegraben, mühsam, Spatenstich für Spatenstich, damit die Erde richtig fruchtbar wird. Manches verrottet, anderes bleibt unter der Oberfläche. Die Zeit der Aussaat war in vergange-nen Generationen eine harte Zeit. Das alte Bild ist noch präsent: Wie der Bauer über das Feld geht  und die Körner mit der immer gleichen ausladenden Bewegung auf die frisch aufgebro-chene glänzende Erde streut, damit Regen, Sonne und Wind dem Korn helfen zu keimen, sich in der Erde zu verwurzeln und aufzugehen. Aussäen hat etwas mit Loslassen zu tun. Mit dem Korn sät der Bauer Hoffnung. Wie sie sich erfüllt, weiß er nicht. Was ausgesät ist, ist seinem Einfluss weitgehend entzogen. Ich denke: Das ist mit all der Arbeit, die wir tun, nicht anders. Ob sie gelingt und ob Gutes daraus wird, darüber bestimmen wir nur bedingt. Und im Bild des Bauern ist entscheidend: Aus dem Korn kann keine Ähre werden, wenn er es nicht aussät.

Jesus hat das Bild aufgenommen:  Das Weizenkorn muss in die Erde fallen und sterben, sonst bleibt es allein. Wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht. (Johannes 12,24)
Jesus hat von sich selbst und seinem Tod gesprochen. Zwischen seinem verlassenen Sterben am Karfreitag und dem Jubel des Ostermorgens liegt der Karsamstag. Zeit des Wartens, Trauer-zeit, Dunkelzeit, Entbehrungszeit - ohnmächtig, fragend und zweifelnd. Was kommt jetzt? Was bringt die Zukunft? Gibt es einen Ausweg aus Leid und Not? Warten kann lang und schwer werden. Wir erleben das gerade als Gesellschaft.

Der Sommer wird kommen. Erntezeit, arbeitsreiche Zeit - und Festzeit. Das Korn der Felder, die Früchte der Gärten, süß, reif, voller Duft und Geschmack. Aus den Körnern wird reiche Ernte werden. Jetzt keimt aus dem Dunkel der Erde das Korn dem Licht entgegen. Nach der Zeit der Einschränkungen kommt der Sommer voller Genuss. Wer verzichtet hat, kann nachher die guten Dinge des Lebens auf neue Weise genießen. Aus dem Loslassen wird ein Weg, aus dem Rücksichtnehmen eine Perspektive, aus dem Lockdown neue Freiheit. Ich vertraue darauf, dass Gott mit uns geht, dessen Liebe stärker ist als der Tod und dessen lebensverändernde Kraft stärker als alle Begrenzungen, die wir Menschen errichten. 
Gottes Liebe, ausgesät in unsere Herzen, keimt und wächst wie Weizen, und ihr Halm leuch-tet grün und verheißungsvoll.
 

 

 

 

Es gilt das gesprochene Wort.

15.04.2021
Angelika Scholte-Reh