Frauentag

Wort zum Tage
Frauentag
08.03.2021 - 06:20
04.03.2021
Sabrina Fabian
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Der König hat sie ertappt. Dabei hat ihre Geschichte so lange funktioniert. Bis hierhin hat sie alles glaubhaft erzählt. Sie, das ist eine der vielen Frauen in der Bibel, deren Namen wir nicht erfahren, obwohl sie Entscheidendes geleistet haben. (2. Samuel 14) König David hatte ihr abgenommen, dass sie vor Schmerz verging. Ihr Sohn werde bedroht, weil er seinen Bruder ermordet hatte. Nun sollte ihr Sohn für das Verbrechen bezahlen. Aber sie wollte nicht auch noch ihren zweiten Sohn verlieren, klagte sie.

Bis hierhin hat König David ihr aufmerksam zugehört. Ihr jede Gefühlsregung abgekauft. Der König verspricht ihr sogar, dass sie und ihr Sohn durch ihn geschützt sein sollen.
Ihr Plan geht auf. Denn während sie dem König die Angst um ihren Sohn klagt, belebt sie die Angst des Königs um seinen eigenen Sohn. Der hat auch Brudermord begangen, und büßt seine Strafe bereits. Absalom, der Sohn Davids, war verbannt. 
Bis hierhin ist das alles wunderbar gelungen, seine Geschichte als die ihre auszugeben. Doch dann geht sie einen Schritt zu weit. Sie sagt dem König, sie sei sicher gewesen, bei ihm Trost zu finden. Denn er könne doch unterscheiden zwischen Gut und Böse. Der Herr, dein Gott, sei mit dir! Damit schließt sie ihre Ansprache ab und sagt es fast mehr zu sich selbst. Der Herr sei mit dir, wenn du den König davon überzeugen willst, Absalom zurück ins Land zu holen.

Dabei ertappt der König sie. Ob sein Heerführer sie geschickt habe, fragt David. 
Er war ihr auf die Schliche gekommen. Würde der König wütend werden? Würde er sie bestra-fen für die Lügen und dass sie sich anmaßte, ihm Ratschläge zu geben? 
Diese Fragen rasen durch ihren Kopf, als sie nach den richtigen Worten sucht und dem richti-gen Ton, um sein Herz anzurühren. 
Sie findet beides: Ja, sein Heerführer hätte sie zu dem Gespräch angeleitet. Der König aber sei so weise! Ihm sei doch bewusst, was auf der Welt geschehe. 
Sie will ihm damit nicht nur schmeicheln, sondern ihm vor allem sagen: Du siehst doch was passiert, mit deinem Sohn. Hol ihn zurück! 

Und tatsächlich lässt sich König David von diesen Worten bewegen. Er holt Absalom zurück ins Land. Und Vater und Sohn nähern sich schrittweise wieder an.
Alles dank ihr, dank ihres Formulierungsgeschicks, dank ihres Feingefühls. 
In der Bibel bleibt sie namenlos, dort heißt sie nur die kluge Frau aus Tekoa. Aber ich denke mir einen Namen für sie, und belebe ihr Geschick neu. Ich erzähle ihre Geschichte heute, am 8. März, dem internationalen Frauentag und rufe die Erinnerung an sie wach. Stellvertretend für die vielen mutigen und eloquenten Frauen, deren Namen wir nicht kennen. Und die doch Entscheidendes leisten, überall auf der Welt.
 

 

Es gilt das gesprochene Wort.

04.03.2021
Sabrina Fabian