Jesus in Gethsemane

Wort zum Tage
Jesus in Gethsemane
05.03.2016 - 06:23
11.01.2016
Pfarrerin Marianne Ludwig

„Jetzt hilft nur noch beten!“. Vor allem in Notlagen fällt dieser Satz. Und dann? Manche Menschen werden ruhiger und gelöster, wenn sie beten. Sie spüren: Ich bin nicht allein, Gott hält mich. Aber andere stehen vor einer Mauer des Schweigens. Der Dichter Heinrich Heine drückt diesen Widerspruch so aus: „Nur ein Narr wartet auf Antwort“. Ein Gebet ist auch für Heine kein Unsinn. Aber vielleicht brauchen manche den unverstellten Blick eines Narren und seine Offenherzigkeit, um Gottes Antwort wahrzunehmen?

 

Von einem Gebet in höchster Not erzählt die Leidensgeschichte Jesu. Die Häscher werden ihn im Garten Gethsemane bald aufgespürt haben. Bisher hat Jesus der Angst widerstanden, aber nun verlassen ihn die Kräfte. Seine Seele, so heißt es in der Bibel „ist bis in den Tod betrübt.“ (Mt. 26, 38) Jesus liegt am Boden, im wahrsten Sinn des Wortes. Er schickt ein Stoßgebet zum Himmel: „Vater, wenn du es willst, lass diesen Kelch an mir vorübergehen. Doch nicht mein Wille, sondern der deine geschehe.“ Erstaunlicherweise fleht er Gott nicht an, himmlische Heerscharen zu Hilfe zu schicken. Jesus legt sein Schicksal ganz in die Hände Gottes. Er erklärt sich einverstanden mit dem, was nun auf ihn zukommt und wird gleichzeitig wieder zum Herrn der Lage.

 

Denn Jesus bleibt nicht etwa am Boden liegen. „Er erhebt sich“, heißt es in der Bibel (LK 22, 45). Dann wendet er sich den schlafenden Jüngern zu, fordert sie auf: „Steht auf, lasst uns gehen“. Was ist geschehen, während Jesus betet? Eben noch hatten ihn Todesangst und Einsamkeit zu Boden geworfen. Aber nun hat sich etwas verändert. Jesus tritt auf als Mensch, der innere Freiheit zurück gewonnen hat. Wir erfahren nicht, was ihm diese Kraft gegeben hat, in seinen bevorstehenden Tod einzuwilligen. Die Bibel schweigt sich an dieser Stelle aus, hüllt das Geschehen in ein Geheimnis. Einige alte Handschriften ergänzen die Leerstelle. Sie beschreiben die Antwort Gottes mit einem tröstenden Bild: „Da erschien ein Engel vom Himmel und stärkte ihn.“

 

Diese Gewissheit durchzieht die gesamte Bibel. Wer Gott um Hilfe bittet, bleibt nicht ohne Antwort. Der Beter bekommt nicht unbedingt die Antwort, die er sich erhofft hat. Vielleicht gehört die Weisheit eines Narren dazu, um sie überhaupt zu begreifen. Aber das Versprechen gilt: Der Beter erhält neue Kraft und die geängstigte Seele kann sich wieder erheben.

11.01.2016
Pfarrerin Marianne Ludwig