Stärkung in der Krise

Wort zum Tage
Stärkung in der Krise
01.12.2020 - 06:20
01.12.2020
Pfarrerin Marianne Ludwig
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Wie stärkt man das eigene Immunsystem? In Corona-Zeiten ist das - neben der Einhaltung der AHA-Regeln - eine der zentralen Fragen, um möglichst heil durch die Krise kommen. Die Medien geben alle möglichen Ratschläge: gesunde Ernährung und ausreichende Bewegung an der frischen Luft gehören zu den Top Ten.

Für den Philosophen Peter Sloterdijk umfasst Immunologie weit mehr als das Wissen, wie man den Körper vor Krankheiten schützen kann. Es geht ganz allgemein um den Schutz des Lebens.  In seinem Buch „Nach Gott“ fragt er, welche Schutzsysteme nötig sind, damit Leben gedeihen kann.  In dem Wissen: Ein Leben ohne Schutz ist überhaupt nicht möglich.

Religion gehört für Sloterdijk dazu. Denn sie schützt Menschen davor, die Hoffnung zu verlieren. Und genauso wichtig: Religion schützt vor Einsamkeit. Denn sie stiftet Gemeinschaft. Und zwar auch dann zum Beispiel, wenn Menschen nicht mehr am Sonntagsgottesdienst teilnehmen können, sondern vielleicht in Quarantäne zu Hause sitzen.

Wie das? Schon während der ersten Corona-Welle wurde in Kirchengemeinden Hilfe organisiert für die, die isoliert leben mussten, die überfordert waren mit den Einschränkungen.

Jetzt, wo die zweite Welle da ist und wir auf Weihnachten zugehen, sind wir alle gefragt, wie wir für Gemeinschaft sorgen können und doch notwendigen Abstand halten. Was können wir tun, damit aus Abstand nicht Einsamkeit wird? Damit die Erinnerung an unbeschwerte Weihnachtsfeiern sich nicht wie ein dunkler Schatten über die Adventszeit legt?

Gemeinschaft bedeutet: Füreinander da sein. Für mich als Christin gehört zur tätigen Nächstenliebe auch das Gebet. Einem Menschen zu sagen: „Ich bete für Dich“, kann ungeahnte Kräfte freisetzen. Diese Erfahrung mache ich als Seelsorgerin immer wieder. Was spricht dagegen, zusammen mit dem Gebet eine Kerze für den Abwesenden anzuzünden und ihm oder ihr ein Foto zu schicken? Oder ganz altmodisch wieder zu Papier und Stift zu greifen und einen persönlichen Brief zu schreiben?

 

Übrigens: Auch für die Bibel bedeutet „Gemeinschaft“ nicht unbedingt „Zusammensein“.  Verbundenheit umfasst mehr als persönliche Nähe. Denn das Signal „ich bin in Gedanken bei Dir“ kann die Entfernung überbrücken. Der Apostel Paulus beschreibt es so: „Wenn es nun irgendeinen Trost der Liebe gibt, irgendeine Gemeinschaft des Geistes, irgendein herzliches Mitleid und Erbarmen, so erfüllt meine Freude: ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern ein jeder auch auf das der anderen!“ (Brief an die Philipper, Kap. 2)

Es gilt das gesprochene Wort. 

01.12.2020
Pfarrerin Marianne Ludwig