20. Juli - Eine Gemeinschaft braucht Widerständige
von Pastorin Claudia Aue
20.07.2024 06:35
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Eine Gemeinschaft braucht Widerständige. Widerstands-Kämpferinnen und - Kämpfer – und zwar die großen bekannten und auch die vielen unbekannten, unsichtbaren. Heute vor 80 Jahren deponierte Claus Schenk Graf von Stauffenberg eine Sprengladung im Führerhauptquartier Wolfsschanze. Adolf Hitler überlebte das Attentat leicht verletzt. Noch in derselben Nacht wurde Stauffenberg hingerichtet - später weitere an der Verschwörung Beteiligte.

Der heutige 20. Juli ist inzwischen ein Inbegriff für den Widerstand gegen Hitler und das NS-Regime. Unzählige andere Menschen haben sich ebenfalls gegen den nationalsozialistischen Terror eingesetzt, damals. Unzählige Menschen setzen sich heute dafür ein, dass die Verbrechen der Nazis nicht vergessen werden. Und dafür, dass die Demokratie geschützt bleibt. Es braucht die lauten UND die leisen Töne, um Unrecht aufzudecken oder dagegen zu arbeiten.

Später als Stauffenberg, aber in dieselbe unselige Zeit und Umgebung wurde die Jüdin Anne Frank geboren. Als Teenagerin mit ihrer Familie gezwungen, im Untergrund in Amsterdam zu leben, war ihr Widerstand einer der Worte. Ihr Tagebuch erzählt davon, was sie denkt und fühlt. 1944 hört sie im Radio, wie der niederländische Exil-Minister Gerrit Bolkestein davon sprach, dass er nach dem Kriegsende die Unterdrückung der Niederländer unter deutscher Besatzung öffentlich dokumentieren wollte.

Anne Frank will mit ihrem Tagebuch zu dieser Idee beitragen. Sie will nach dem Krieg veröffentlichen, was sie im Untergrund durchmacht. Darum überarbeitet sie ihr Tagebuch. Möglichst viele sollen nachvollziehen können, wie es ist, zusammengepfercht im Hinterhaus versteckt zu leben, nicht auf die Straße zu können, ständig in der Angst, entdeckt zu werden.

Das Tagebuch der Anne Frank erzählt den Traum von einer Welt ohne Hass und Krieg, Verfolgung und Vorurteile. Das Tagebuch wäre wohl nicht vor der Gestapo bewahrt worden, hätte Miep Gies, eine heimliche Helferin der Familie Frank, es nicht gerettet. 

Ohne Helferinnen und Helfer hätte auch der Widerstandskämpfer Martin Luther King Jr. wohl nie das Civil Right Movement, die Bürgerrechtsbewegung auf den Weg gebracht. Im selben Jahr wie Anne Frank geboren – 1929 - kämpfte der Pastor in den 50er und 60er Jahren gegen die Rassentrennung in den Südstaaten der USA. Vieles ist immer noch nicht gut. Aber die Gesellschaft hat sich seit dem Civil Rights Movement verändert.

Gedenktage für die Widerstandskämpferinnen und -kämpfer braucht es mehr denn je. Sie erinnern an die großen und kleinen Prophetinnen und Propheten, die lauten und die leisen. Das sind Menschen, die inmitten von Unrecht erkennen, was Gerechtigkeit ist.

20. Juli. Erinnerung an Stauffenbergs Attentat auf Hitler vor 80 Jahren. In diesem Jahr wären Anne Frank und Martin Luther King 95 Jahre alt geworden. Drei Menschen, die sich mit ihrem Leben gegen Unrecht und für Gerechtigkeit eingesetzt haben.

Stauffenberg sagte in einem Gespräch kurz vor dem 20. Juli 1944: "Es ist Zeit, dass jetzt etwas getan wird. Derjenige allerdings, der etwas zu tun wagt, muss sich bewusst sein, dass er wohl als Verräter in die deutsche Geschichte eingehen wird. Unterlässt er jedoch die Tat, dann wäre er ein Verräter vor seinem eigenen Gewissen." (1)

Anne Frank schrieb in ihrem Tagebuch: "Und dennoch glaube ich, wenn ich zum Himmel blicke, dass alles in Ordnung gehen und auch diese Grausamkeit ein Ende finden wird… Einmal werden wir auch wieder Menschen und nicht allein Juden sein."

Und Martin Luther King sagte 1963 in seiner berühmten Rede in Washington: "Ich habe einen Traum, dass meine vier Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der man sie nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilen wird."

Eine Gemeinschaft braucht Widerständige, die für die Gleichheit aller Menschen und für Gerechtigkeit aufstehen.

Es gilt das gesprochene Wort.

 

Literaturangaben: 

(1) Gedenkstätte Deutscher Widerstand Berlin