Morgenandacht
Tag der Hängematte
22.07.2021 06:35

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Heute ist der Tag der Hängematte. Die Hängematte ist für mich das ultimative Symbol für Urlaub und Entspannung. Einfach mal abschalten und die Seele baumeln lassen. Für einen Augenblick die Welt vergessen, die Augen schließen und seicht hin und her schaukeln. Dann stelle ich mir vor, dass ich am Meer bin. Eine sanfte Brise weht mir um die Nase. Es riecht nach Sommer und Palmenzweige spenden mir Schatten.

Im Urlaub – unter Palmen am Meer – fällt es mir leicht, mich zu entspannen und zur Ruhe zu kommen. Aber im Alltag? Da fehlt mir die nötige Gelassenheit. Ein Termin jagt den nächsten. Ich spüre die Deadline im Nacken, das E-Mail-Postfach ist schon wieder voll und noch längst nicht abgearbeitet. In stillen Momenten schreit meine To-Do-Liste nach Aufmerksamkeit. „Jetzt bloß nicht müde werden!“ Innere Durchhalteparolen treiben mich an: „Das schaffst du jetzt auch noch! Morgen beginnt das Wochenende und bald hast du Urlaub.“

Und dann ist er da, der lang ersehnte Urlaub. Endlich Zeit, die Füße hochzulegen und zur Ruhe zu kommen. Der Körper fährt herunter. Die Anspannung weicht und manch einer kann ein Lied davon singen, in den ersten freien Tagen krank zu werden. Ist das überwunden, stellt sich nach und nach ein Gefühl der Erholung ein: endlich Urlaub! Wie gerne würde ich dieses Urlaubsgefühl konservieren und mir bei Bedarf in kleinen Dosen verabreichen. Denn im Alltag vermisse ich solche entspannte Gelassenheit.

„Man muss erst lassen können, um gelassen zu sein,“ meint Meister Eckhart. Wer gelassen ist, kann auch hinnehmen, wie es in einem bekannten Gebet heißt: „Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann“ (Reinhold Niebuhr).

Das Wort Gelassenheit kommt von dem mittelhochdeutschen Wort „Gelasenheit“ und heißt so viel wie „Gottergebenheit“. Sich Gott oder seinem Schicksal zu ergeben, klingt als würde man resigniert aufgeben, weil alle Mühe doch keinen Sinn ergibt. Gelassenheit ist aber keineswegs antriebslos oder gleichgültig. Und es wäre zynisch, Opfern von Krieg und Gewalt oder trauernden und leidenden Menschen zu sagen, sie sollten sich ihrem Schicksal ergeben und es gelassen ertragen.

Wenn ich gottergeben gelassen bin, überlasse ich mich Gott. Dann überlasse ich mich Gott in dem Glauben daran, dass es gut wird, weil Gott es gut mit mir meint. Weil meine Zeit in Gottes Händen steht. Denn Gott hat allem auf dieser Welt seine Zeit bestimmt (Prediger 3,11a). „Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde (Prediger 3,1f.):

„Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit“. Weinen, lachen, klagen, tanzen – alles hat seine Zeit. Auch Lockdowns und Einschränkungen haben ihre Zeit, genauso wie Lockerungen und Impftermine. Wenn ich weiß, dass meine Zeit in Gottes Händen steht, kann ich gelassen sein, weil ich weiß, dass alles seine Zeit hat. Und in allem auf dieser Welt ist Gott bei mir.

Er schuf den Himmel und die Erde, den Rhythmus von Tag und Nacht, Arbeit und Ruhe. Nach biblischer Erzählung ging er sechs Tage seinem Schöpfungswerk nach und am siebten Tag ruhte er. „Gott segnete den siebten Tag und erklärte ihn zu einem heiligen Tag. Denn an diesem Tag ruhte Gott aus von all seinen Werken, die er geschaffen und gemacht hatte“ (1. Mose 2,3).

Der siebte Tag, der Sabbat oder jüdisch Schabbat ist Ruhetag. Am ihm soll keine Arbeit verrichtet werden. Die Sonntagsruhe ist in Deutschland sogar gesetzlich geschützt. Denn solche Ruhezeiten sind existenziell. Die Gesundheit, das seelische Gleichgewicht braucht Zeiten, um Dinge sein zu lassen und sich in die Hängematte zu legen.

Ich möchte nicht müde werden, mir solche Hängematten-Momente in meinem Alltag zu nehmen. Momente, die nicht fragen, ob ich genug geschafft habe, sondern in denen ich einfach sein darf, weil ich weiß: „Meine Zeit steht in Gottes Händen!“

Es gilt das gesprochene Wort.