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"Das steht auf tönernen Füßen!" Das sagt man, wenn etwas keinen festen Stand hat und darum in der Gefahr ist zusammenzubrechen.
Die Redewendung geht auf einen Traum zurück, von dem die Bibel im Buch Daniel erzählt. Da träumt König Nebukadnezar von einem riesigen Standbild. Der Kopf ist aus Gold, die Beine sind aus Eisen und die Füße aus Ton. Im Traum bringt ein Stein den Koloss zu Fall, indem er seine Füße zerschlägt. Gedeutet wird der Traum so: Menschenreiche werden aufeinander folgen und jedes wird hinter dem anderen zurückstehen, weil Gewalt und Unrecht immer größer werden. Am Ende bricht alles zusammen und der Stein, der das Standbild zu Fall gebracht hat, wird zu einem großen Berg. Gott ist der, der die Zukunft offenhält und der die Herrschaft der Herren zerschlagen wird. Deren Macht ist zeitlich begrenzt und ihre Basis ist brüchig. Wo Gewalt und Unterdrückung herrschen, steht die Macht auf tönernen Füßen – auch wenn es anders scheint.
Als der russische Oppositionelle Alexej Nawalny nach seiner Rückkehr nach Russland mit fadenscheinigen Begründungen vor Gericht gestellt und verurteilt wurde, hatte er vor der Urteilsverkündung die verbriefte Gelegenheit, ein Schlusswort zu sprechen. Er auf all die Lügen und die Ungerechtigkeit hingewiesen, die er in Russland erlebt. Und er hat darüber gesprochen, was ihm die Kraft zum Widerstand gibt. Er sagt: "Ich bin ein gläubiger Mensch, und das hilft mir sehr bei dem, was ich tue. Es macht alles viel, viel einfacher. Ich grüble weniger, ich habe weniger Dilemmas in meinem Leben – denn es gibt da so ein Buch, das mehr oder weniger genau beschreibt, was man in welcher Situation zu tun hat." Sein Glaube gibt Nawalny die innere Unabhängigkeit und die Kraft, dem Unrecht und der Gewalt entgegenzutreten und sich für Gerechtigkeit einzusetzen. Machthaber – sagt Nawalny – versuchen, Menschen durch Angst zu isolieren, und ihnen das Gefühl zu vermitteln, sie seien allein. Das stürzt Menschen in Selbstzweifel und zermürbt sie. Doch er weiß: "Ich bin nicht allein!" Auch andere kämpfen für die Gerechtigkeit in seinem Land. Und: Wer glaubt, weiß sich in Gott geborgen.
Darum zu wissen, dass Gott die Geschichte umfängt und dass jedes noch so machtvolle menschliche System seine zeitlichen Grenzen hat, macht die subversive, verändernde Kraft des Glaubens aus. Wer glaubt, für den oder die ist alle Menschenordnung begrenzt, fehlbar, auf Kritik und Wandel angewiesen, veränderbar und damit auch verbesserbar. Ich bin überzeugt: Gott geht auf dem Weg in eine andere Zukunft mit, bestärkt und schenkt Hoffnung.
Es gilt das gesprochene Wort.