Morgenandacht
Gemeinfrei via pixabay / Dimitris Vetsikas
Ein anderer Weg
24.10.2022 06:35

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Die Sendung zum Nachlesen: 

Heute vor acht Monaten begann der Angriff Russlands auf die Ukraine. Die Bilder haben sich tief in meiner Seele eingebrannt:

Menschen blockieren die Straße. Unbewaffnet. Nur mit Mütze und Daunenjacke gegen die Kälte gewappnet. Doch die anrollenden Panzer kommen zum Stehen. Bürger einer ukrainischen Kleinstadt leisten Widerstand. Allen voran der Bürgermeister der Stadt. Er nähert sich dem vordersten Panzer und redet mit der feindlichen Besatzung. Die Militärkolonne macht kehrt.

Andernorts werden Straßenschilder abmontiert oder verrückt. Das soll feindlichen Truppen die Orientierung nehmen. In der Ukraine und in Russland riskieren Menschen ihre Freiheit und ihr Leben, indem sie protestieren. Online schreiben Freiwillige Rezensionen für russische Restaurants – nicht um sie zu bewerten, sondern um über den Krieg zu informieren. Unbewaffnet stellen sie ihre Kreativität der Waffengewalt entgegen. Sie suchen einen anderen Weg.

Seitdem herrscht Krieg in der Ukraine. Krieg in Europa. Die ukrainische Bevölkerung wehrt sich. Sie verlangen Waffen. Auch in Deutschland ist die Bundeswehr wieder im Gespräch. 100 Milliarden Euro Sondervermögen sind beschlossen. Waffenlieferungen werden diskutiert. Und Waffen werden geliefert.

 

Meine Seele wehrt sich. Mein Kopf sagt mir: Menschen dürfen sich verteidigen. Und dazu brauchen sie Unterstützung. Ich weiß: Jede Entscheidung macht schuldig. Das Liefern von Waffen so sehr wie die Verweigerung einer auch militärischen Hilfe.

 

Heute beginnt die Abrüstungswoche: die Vereinten Nationen haben sie in der Vollversammlung 1995 beschlossen. Sie beginnt jährlich am 24. Oktober. Das ist der offizielle Gründungstag der Vereinten Nationen. Am 24. Oktober 1945 trat ihr Gründungsvertrag in Kraft. Die UN-Charta verpflichtet die Mitgliedsstaaten auf die Menschenrechte. Probleme sollen gemeinsam gelöst werden, die Staaten friedlich miteinander leben und zusammenarbeiten.

 

Im Garten der Vereinten Nationen in New York steht eine Bronze-Skulptur. Ein muskulöser Mann schwingt kraftvoll einen schweren Schmiedehammer über dem Kopf. Gleich wird sein Arm niederfahren, und der Hammer wird mit voller Wucht die Schneide seines Schwertes treffen. Aus dem Blatt der Waffe tritt deutlich erkennbar die Kontur eines Pfluges hervor. Die damalige Sowjetunion hat sie 1959 der UN geschenkt. Die Aufschrift: „Wir werden unsere Schwerter zu Pflugscharen schmieden“. Ein Gelöbnis.

 

„Schwerter zu Pflugscharen“ – das ist der Slogan für Abrüstung und Frieden. Eine Zeichnung dieser Skulptur war 1980 auch das Symbol der Friedensbewegung in der DDR und später auch in Westdeutschland. „Schwerter zu Pflugscharen“ – das ist ein Bibelzitat aus den Büchern Jesaja und Micha. In Micha 4,3 heißt es: 

 

„Gott wird unter vielen Völkern richten und mächtige Nationen zurechtweisen in fernen Landen. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen.“

 

Die biblischen Propheten zeichnen eine Zukunftsvision, das Bild einer anderen Welt. Eine Welt, in der niemand mehr das Schwert erhebt, Panzer rollen oder Raketen starten lässt. Eine Welt ohne Gewalt.

 

Diese Zukunft erwartete auch der Baptistenpastor und Bürgerrechtler Martin Luther King. Er wollte das Reich Gottes hier und jetzt verwirklicht sehen. Er glaubte an die weltverändernde Kraft der Liebe. Sein Widerstand gegen Gewalt und Rassentrennung war gewaltlos. Seine Worte damals in der Ost-Berliner Marienkirche machen mir Mut. Sie sind nicht allein für die Seelen, sondern auch für die Köpfe bestimmt:

 

„Durch die Kraft und Gewalt des lebendigen Gottes sind wir in diesem Glauben unterwegs. In diesem Glauben haben wir immer einen Weg gefunden, wo kein Weg zu sein schien."

Es gilt das gesprochene Wort.