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"Eine gelbe Sonne Eine grüne Sonne eine gelbe Sonne Eine rote Sonne eine blaue Sonne
ein gelb / Eine Sonne ein blau ein rot ein blau eine blaugelbe Sonne eine gelbrote Sonne eine blaugrüne Sonne eine…"
Die libanesisch-amerikanische Schriftstellerin Etel Adnan malt die Sonne mit Worten. Immer wieder neu. Immer wieder in anderen Farbschattierungen. Etel Adnan ist auch Malerin und malt "ihren Berg", den Mount Tamalpais, vor ihrem Fenster in Kalifornien jeden Tag aufs Neue. Ein Tagebuch aus Farben entsteht. Hunderte vielfarbige Bergporträts, die vor zehn Jahren das erste Mal auf der Documenta in Kassel ausgestellt wurden.
Die Dinge haben nicht einfach Farben, schreibt der französische Philosoph Maurice Merleau-Ponty: Farben entstehen im Wechselspiel mit anderen Farben, im Einflussbereich von Licht und Schatten. Eine Sonne ist nicht einfach gelb. Ein Berg ist nicht einfach grün oder grau. Sie haben viele Farben im Laufe eines Tages, eines Monats, eines Jahres, je nachdem wann und wie wir sie sehen und im Horizont welcher Erfahrungen.
Der amerikanische Kinderbuchautor Eric Carle versucht die Vorstellungskraft zu reizen und malt eine gelbe Kuh, ein pinkes Krokodil, einen blauen Elefanten – Es ist verblüffend wie dieser einfache Kunstgriff die Fantasie anregt.
"Mein Freund ist weiß und rot, auserkoren unter vielen Tausenden", schreibt Salomo in seinem Hohelied der Liebe – und stimmt einen schier unendlichen Bilderreigen an, um der Liebe zweier Menschen Ausdruck zu verleihen. Wer liebt, braucht viele Farben. Wer liebt, kann mit dem Bildermachen nicht aufhören. "Die Liebe", schreibt Paulus, "hört niemals auf."
Vielleicht sollte man das mit Gott auch so machen: Mein Gott ist weiß und rot. Ein gelber Gott Ein grüner Gott ein gelber Gott Ein roter Gott ein blauer Gott, ein blaugelber Gott ein gelbroter Gott ein blaugrüner Gott… - man merkt schnell, was das Farbenspiel mit dem Bild von Gott macht.
Übrigens: Wer das Farbenspiel Gottes einmal auf besondere Weise erleben will: Ihnen sei die Friedhofskapelle auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin-Mitte empfohlen: Die von James Turrell gestaltete Kapelle ist ein Lichtraum aus LEDs, die den gesamten Raum in ein nicht enden wollendes Farbenspiel tauchen. Ein Raum zum In-der-Farbe-Gehen. Ein Rausch der Farben und zugleich eine Besinnung auf die Vielfarbigkeit Gottes und seiner Schöpfung.
Es gilt das gesprochene Wort.