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Die Sendung zum Nachlesen:
Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe. So lautet die ökumenische Jahreslosung für 2024. Das ist so etwas wie ein biblisches Motto für das Jahr. Heute ist sie also einen Monat alt. Zeit für eine erste Bilanz: Funktioniert das? Habe ich alle meine Dinge in Liebe geschehen lassen? Ich setze mir mal die analytische BWL-Brille auf und frage: Hat sich die Losung bis hierher schon rentiert? Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.
Ausnahmsweise - selten genug in Glaubensfragen - ausnahmsweise lässt sich auf diese Frage eine klare, kurze Antwort geben. Und die lautet: Nein.
Die Losung bringt nichts. Nix. Nada. Niente. Wenn ich alles, was ich tue, in Liebe geschehen lassen, dann nützt mir das gar nichts.
Also verwerfen? Eine andere Losung bitte? Nein, so schnell dann doch nicht. Denn: Alle Dinge in der Liebe geschehen zu lassen, nützt zwar nichts, aber: Es soll auch gar nichts nützen.
Das ist so ein Ding mit der Liebe. Sie funktioniert anders als fast alles, mit dem wir es sonst zu tun haben. Sie ist nicht effizient. Sie „lohnt“ sich nicht. Die Liebe hat ein Eigenleben und das gehorcht keiner Kosten-Nutzen-Rechnung.
Ich habe die BWL-Brille noch auf der Nasenspitze und will die Liebe und die Losung nicht so schnell verloren geben. Also Versuch einer Verteidigung: Warum lohnt sich Liebe vielleicht doch? Deshalb, weil ich auch selbst davon profitiere, wenn ich anderen Liebe schenke. „Das Lächeln, das du aussendest, kehrt zu dir zurück“, so heißt es doch.
Aber die Argumentation ist löchrig. Das Sprichwort stimmt schon, aber: Wenn ich ein Lächeln aussende, weil ich es zurückbekommen will, dann handle ich eben doch nicht aus Liebe. Sondern aus Berechnung. Oder aus Bedürftigkeit, weil ich so ein Bumerang-Lächeln gerade echt brauchen könnte. Das ist auch gar nicht verwerflich, nur: Liebe ist es dann eben nicht, die mich das Lächeln lossenden lässt.
Denn: Die Liebe rechnet nicht, die Liebe spekuliert nicht, die Liebe hat keine Erwartungen. Lohnt es sich, alle Dinge in Liebe geschehen zu lassen? Falsche Frage! Liebe lohnt sich nicht und will sich auch nicht lohnen.
Mit der BWL-Brille betrachtet ist der Business-Plan der Jahreslosung: ungewöhnlich. Es wird ein Produkt beworben, das sich nicht auszahlt. Wie wirtschaftlich das ist, ist fragwürdig, aber ein Gutes hat die Sache selbst in der BWL-Perspektive: Der Businessplan kann nicht scheitern. Wenn es nicht um Gewinnmaximierung geht, dann kann die Jahres-Endbilanz höchstens positiv überraschen.
Bei der Jahreslosung geht es nicht um das, was hinten als Gewinn herauskommt. Und genauso wenig ist von Interesse, was vorab jemanden motiviert, ein Lächeln auszusenden. Ist es Berechnung? Bedürftigkeit? Das ist der Jahreslosung so egal wie nur irgendwas. Diese Erkenntnis steckt in dem kleinen Wort „in“. Alles, was ihr tut, geschehen in Liebe. Steht da. Nicht: „Alles, was ihr tut, geschehe aus Liebe“ und auch nicht „alles, was ihr tut, geschehe für mehr Liebe“. Sondern: „In“ Liebe soll es geschehen.
Alle eure Blumensamen lasst in Erde keimen. Alle eure Goldfische lasst in Wasser schwimmen. Alles, was ihr tut, lasst in Liebe geschehen.
In dieser einen Liebe, die nicht darin besteht, dass wir Gott lieben, sondern dass Gott uns liebt. Alles, was ihr tut, lasst in diesem Geliebt-Sein geschehen. Alles.
Die großzügige Spende, das kleine Lächeln. Und auch all die Handlungen, bei denen ich mir unsicher bin, warum und wozu ich sie eigentlich tue.
Ich schiebe mir die BWL-Brille in die Haare und reibe mir die Augen. Puh, ist das schön!
Erste Bilanz nach einem Monat Jahreslosung: Liebe lohnt sich nicht, aber gerade deshalb will ich sie auch die kommenden elf Monate bei allem, was ich tue, dabei haben.
Es gilt das gesprochene Wort.