Morgenandacht
Gemeinfrei via unsplash/ Elena Mozhvilo
Geburtenstreik
Morgenandacht von Pfarrer Eberhard Hadem
29.02.2024 06:35

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Die Sendung zum Nachlesen: 

‚Bekommt Kinder und füllt die Erde! ‘, sagt Gott zu Adam und Eva in der biblischen Schöpfungserzählung. Ich höre bei diesem Auftrag mit: "Die Erde hält genügend Lebensmöglichkeiten für alle bereit – macht euch also keine Sorgen!" Ich gebe zu: Das ist fast ein Widerspruch in sich selbst. Denn wer Kinder hat – eigene, angenommene oder anvertraute –, macht sich Sorgen, natürlich, klar. Umso wichtiger, dass Kinder nicht unsere Zukunft sichern. Wir sollen sie stark und mutig machen für ihre Zukunft. Das ist eine gute Sorge und jede Mühe wert. Zu allen anderen Sorgen sagt Jesus in der Bergpredigt:

"Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung? Wer ist aber unter euch, der seiner Lebenslänge eine Elle hinzusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt?" (Matthäus 6,25+27)

Berühmte Worte Jesu. Sorgt euch nicht – die kleinere Form der Hoffnung. Folgt nicht eurem Angstsinn. Ich verstehe die Angst von Menschen, Kinder in eine Welt zu setzen, die außer Rand und Band geraten ist. Dennoch möchte ich ihnen widersprechen.

Ob Kinder kriegen oder eben gerade keine Kinder kriegen, bei beiden Einstellungen geht es darum: Wie sichere ich die Zukunft? Früher lautete die Bewältigungsstrategie: Ich kann das eigene Überleben sichern, wenn ich Kinder bekomme. Später heißt es: Ich gebe meinem Leben einen Sinn, wenn ich in meinen Kindern weiterlebe. Die Geburtenstreik-Strategie lautet: Keine Kinder kriegen, um unseren ökologischen Kollaps aufzuhalten. Aber bei jeder dieser Strategien geht es wenig um die Kinder selbst. In ihnen verteidigt sich das Alte gegen das Neue. Und kann sogar das Neue – die noch nicht geborenen Kinder – verneinen, um das Alte zu retten. Die Gier und die Angstsorge um sich selbst hat die Menschheit erst in diese schreckliche Situation gebracht, in der wir uns befinden. Nicht das Kinderkriegen.

Schneiden wir uns von Kindern ab, lassen wir uns scheiden von der Hoffnung. Denn das Neue kommt durch die Kinder in die Welt. Sie bringen neue Gedanken. Kinder sind die Träger des Neuen. Und sie, die Kinder, sollten nicht mehr geboren werden? Damit verschließe ich mich selbst vor neuen Gedanken und Ideen, die diese Welt vielleicht retten können.

Es kommt darauf an, die richtige Aufgabe in den Blick zu nehmen. Die wahre Herausforderung sehe ich darin: Wie kann ich der Verheißung Gottes vertrauen? Ohne diese schreckliche Angstsorge um mich selbst. Auf der Welt sind genug Lebens-Mittel und Lebens-Möglichkeiten für alle da, selbst für acht oder mehr Milliarden Menschen. Es braucht intelligente Lösungen, wie wir das gerecht verteilen, was alle brauchen.

Wo die herkommen könnten? Das Neue kommt von vorne, ich muss es nur empfangen wollen. Dann wird das noch was mit der Zukunft dieser Erde. Weil ich es bin, der von seinen Kindern etwas Neues erfährt, was ich mir nicht selber sagen kann. Meinen Kindern will ich zuhören. Und vielleicht findet das, was ich im Leben gelernt habe, dann auch Gehör bei meinen Kindern.

Ich stelle mir vor: In 50 Jahren reibt sich ein Mensch verwundert die Augen und fragt, was uns Heutige im Jahr 2024 bewogen hat, auf einmal anders zu leben, als wir es bisher getan haben. Wie das kam, dass sich die Menschen noch einmal ändern konnten. Es ist doch nicht ausgeschlossen, dass die Zukunft eben nicht die Fortsetzung des Schlechten ist, das wir anrichten. Sondern dass es einen Umschwung zum Guten gibt. Daran will ich glauben. Mag sein, dass das total plemplem klingt. Aber ich finde: Ein wenig bekloppte Hoffnung sollte der christliche Glaube schon haben.

Es gilt das gesprochene Wort.