Wenn die Nachrichten fassungslos machen, greift unsere Autorin zu Worten aus einem Psalm. In ferner Zeit geschrieben, drückt er aus, was sie bewegt.
Sendung nachlesen:
Unsere Tränen sind dir kostbar, guter G’tt. Darauf setze ich. Denn ich bin nicht sehr belastbar in diesen Tagen. Fühle mich oft macht- und kraftlos, wenn ich die Nachrichten verfolge. "Ich bin verzweifelt und fassungslos", betet einer in der Bibel. "Denn der Feind macht viel Lärm, der Frevler schreit, so laut er kann." Nachzulesen in Psalm 55.
Ich denke an die Potentaten dieser Welt und ihre Vasallen und an uns andere Frevlerinnen und Feinde. Vergib uns unsere Schuld, haben wir alle Grund zu beten.
Ich hülle mich in die Worte, die durch die Jahrtausende in mein Leben klingen. Borge sie mir aus, filtere meine Empörung durch das Gebet eines anderen, leihe mir seine Sprache: seine Angst, seinen Zorn, seine Hoffnung. Und bringe alles zu dir, G’tt. Verlass uns Menschen nicht, wenn wir die Folgen unseres Handelns nicht tragen können.
"Mir pocht das Herz in meiner Brust, Todesangst hat mich überfallen, Furcht und Zittern packen mich, ein Schaudern hat mich erfasst."
Wie nah diese ferne Stimme aus dem Psalm wirkt. Wie verwandt die Ängste von uns Menschenkindern sind. Über alle Zeitenwenden hinweg. Die Fassungslosigkeit, der Zorn, die Enttäuschung angesichts dessen, was wir um uns beobachten, was die Nachrichten uns in die Timeline spülen: "Mir pocht das Herz. Ein Schaudern hat mich erfasst." - Es sind einfach sehr viele, sehr beunruhigende Nachrichten.
"Ich sehe Gewalt und Streit in der Stadt", ergänzt mein biblischer Freund. Sein Gebet ist wachsam, seine Analyse der Situation ist scharf: "Tag und Nacht kreisen sie um ihre Mauern. Doch drinnen herrschen Elend und Not. Verbrechen werden in ihrer Mitte begangen. Erpressung und Betrug verschwinden nicht von ihrem Markt."
Und doch schäumt der Kaffee, ist das Bier kalt, schmecken Spargel und Erdbeeren. Noch halten die Lieferketten unseren Gewohnheiten die Stange, und der Strom kommt aus der Steckdose. Dazu lodert die Sonne vom blaugebrannten Himmel. Bald brennen wieder die Wälder. - Vieh, Menschen, Städt’ und Felder, es brennt die ganze Welt. "Mir pocht das Herz. Ein Schaudern hat mich erfasst."
"Da sprach ich: Wenn ich doch Flügel hätte! Wie eine Taube wollte ich davonfliegen und mich woanders niederlassen. Siehe, weit in die Ferne wollte ich fliehen und in der Wüste die Nacht verbringen."
Unsere Tränen sind dir kostbar, guter G'tt. Unsere Angst findet dein Ohr, unser Zorn eine Zuflucht, unsere Müdigkeit kommt bei dir zur Ruhe. Weil das so ist, berge ich mich in die Worte des biblischen Beters und spreche mit ihm: "Mein ganzes Vertrauen setze ich auf dich."
Es gilt das gesprochene Wort.
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