Einfach dasitzen und schweigen. Klingt leicht, ist schwer, bringt viel.
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Eine Stunde lang nichts tun, nichts sagen, das ist nicht jedermanns Sache. Heute sind wir nur zu zweit. Aber das macht nichts. Jeden Donnerstag laden wir im Berliner Stadtkloster Segen dazu ein, gemeinsam zu schweigen. Sich einzuüben in die Haltung der leeren Hände. Christliche Meditation ist konzentrierte Passivität. "Glauben heißt, der Liebe lauschen", findet die Dichterin Maria Eschbach. Das beschreibt etwas von dem, was wir da tun, indem wir nichts tun.
Die Dachkapelle hoch oben im vierten Stock unseres Gästehauses ist ein schmuckloser, lichter Raum mit sechs Fenstern zum Himmel. Grauer Teppichboden, weiße Wände. An der Stirnseite ein filigran gearbeitetes Kreuz aus Messing. Auf einem Pult am Boden: eine schwere, alte Bibel, davor eine Kerze, daneben lehnt eine Christusikone. Ein paar wenige Stühle, Gebetsschemel, Wolldecken. Wir richten uns ein.
Ein Gebet öffnet den inneren Raum. "G’tt, du bist da - verborgen gegenwärtig, und wir sind auch da." Geist, Seele und Körper, Hoffnungen und Enttäuschungen, Schmerz und Lebensfreude. Alles darf sein. So wie wir sind, sind wir da und bitten um Segen für die gemeinsame Zeit. Denn wir bleiben in der Stille nicht allein mit uns. Um uns und in uns atmet die verborgenen Gegenwart G’ttes.
Seit meiner Kindheit macht Stille mich reich. Zunächst das sich Versenken im Spiel, in Geschichten, in Innenwelten. Viel später dann, in meinen Fünfzigern erst, beginne ich, religiös motiviert in die Stille zu gehen, und entdecke diesen Raum, der um mich herum und in meinem Inneren entsteht, wenn das Schweigen sich ausbreiten kann. Wenn die Geräusche in den Hintergrund treten, die inneren Stimmen nach und nach verstummen und sich das Ohr des Herzens öffnet. Manchmal gelingt das.
Immer ankert die Stille im Körper. Auch darum beginnen wir in der Dachkapelle mit einer Körperreise. Spüren, wie wir gerade da sind. Die Last abgeben, an das Bänkchen, auf dem ich sitze: Wir sind Getragene. Langsam zur Ruhe finden. So wandert die Aufmerksamkeit durch den Körper. Der Atem kommt und geht, ohne Anstrengung. Die Poesie der alten biblischen Geschichten zeichnet den Atem als Gabe G’ttes. G’tt haucht den Erdling an und der wird eine lebende Seele. Atem ist Leben. Leise kommt G’tt uns nah.
Mit dem hellen Schwingen der Klangschale beginnt die Meditationszeit. "Glauben heißt, der Liebe lauschen." Nichts tun, nichts sagen. Sich öffnen.
Es gilt das gesprochene Wort.