Sie war erst 22, als die Nazis sie hingerichtet haben: Sophie Scholl. Ein Traum hilft ihr, Hoffnung über ihren eigenen Tod hinaus zu haben.
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Sophie Scholl wäre in diesem Jahr so alt geworden wie Margot Friedländer. 104. Aber sie wurde hingerichtet mit nur 22 Jahren. Als Mitglied der "Weißen Rose", einer Widerstandsgruppe gegen das Naziregime. Sie haben Flugblätter geschrieben, vervielfältigt, unter Lebensgefahr verteilt. Bis sie verhaftet werden. Woher hat Sophie die Kraft zum Widerstand bekommen?
Das Elternhaus ist ihre erste "Gegenwelt". Der Vater wird selbst zweimal inhaftiert. Die Mutter weiß über ihre Freundinnen bei den Diakonissen Bescheid über das Euthanasieprogramm, die Massenermordung von Menschen mit Behinderung. Die Kinder Scholl werden in alles eingeweiht. Es wird offen diskutiert. Auch mit ihren gleichaltrigen Freundinnen und Freunden in Ulm.
Der Ulmer Freundeskreis ist eine Gruppe junger Christen, die sich gegenseitig auf Bücher und die moderne Kunst aufmerksam machen. Sie haben sich ein Motto gegeben: "Il faut avoir un esprit dur et le coeur tendre – Man muss einen harten Geist und ein weiches Herz haben."
In einer Welt, die nur Befehl und Gehorsam kennt, wo nicht das Wort, sondern die Waffe regiert, wird das Gespräch unter Freunden eine Quelle der Kraft. Eine Insel der Demokratie. Eine Möglichkeit, seinen Geist zu retten vor Rassismus und Zerstörungswut.
In der letzten Nacht ihres Lebens, vom 21. auf den 22. Februar 1943, hat Sophie Scholl einen Traum. Else Gebel, ihre Zellennachbarin im Münchner Gefängnis Stadelheim hat ihn aufgeschrieben:
"Kurz vor sieben muss ich dich für diesen schweren Tag wecken. Du bist sofort munter und erzählst mir, noch im Bett sitzend, Deinen gehabten Traum: Du trugst an einem schönen Sonntag ein Kind in einem langen, weißen Kleid zur Taufe. Der Weg zur Kirche führte einen steilen Berg hinauf. Aber fest und sicher trugst Du das Kind. Gänzlich unerwartet tat sich auf einmal eine Gletscherspalte auf. Du hattest gerade noch Zeit, das Kind auf die gesicherte Seite zu legen, da stürztest Du in die Tiefe."
Sophie Scholl hat eine eigene Deutung für ihren Traum: "Das Kind in dem weißen Kleid ist unsere Idee, sie wird sich trotz aller Hindernisse durchsetzen. Wir durften Wegbereiter sein, müssen aber vorher sterben, für sie."
Das Kind im weißen Kleid: die Idee für ein friedliches und würdevolles Zusammenleben in Europa und auf der ganzen Welt. Diese Idee hat überlebt. Von ihr zehren wir nach wie vor. Und immer wieder. In Europa und darüber hinaus.
Es gilt das gesprochene Wort.
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