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Begleitet in der dunkelsten Stunde
Abendmahl feiern, den Tod vor Augen
17.04.2025 06:20

Miteinander feiern, Brot und Wein teilen – und der Tod sitzt mit am Tisch. So war das an Gründonnerstag beim letzten Abendmahl von Jesus mit seinen Freunden. So hat das unser Autor Dirck Ackermann einmal erlebt.

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Heute ist Gründonnerstag. Christinnen und Christen in der ganzen Welt gedenken des letzten Abendessens Jesu mit seinen Freunden. Am nächsten Tag wird er am Kreuz hingerichtet.

Ich verbinde mit diesem Tag ein besonderes Erlebnis. Es ist schon fast 40 Jahre her. Damals habe ich in Jerusalem studiert zusammen mit anderen deutschsprachigen Theologiestudierenden. Wir haben uns regelmäßig in der evangelischen Erlöserkirche getroffen, gleich neben der Grabeskirche.

Nicht nur Studierende, auch Volontärinnen und Volontäre. Sie leisteten dort direkt nach dem Abitur einen Freiwilligendienst. Sie haben gemeinsam ein Jahr in Israel und in Jerusalem verbracht, das Land bereist, Ausflüge gemacht in die Wüste Juda oder anderswo. Damals war das noch gefahrlos möglich, so dachten wir. Dann kam der Gründonnerstag vor fast vierzig Jahren. Wir waren zum Abendmahlsgottesdienst in der Erlöserkirche. Eine Volontärin fehlte. Ich kannte sie gut. Wir haben zusammen den Kindergottesdienst in der Gemeinde gestaltet. Ein junger Blondschopf aus Hamburg, munter und fröhlich. Immer einen Scherz auf den Lippen. Keine Aufgabe schien ihr zu groß. An diesem Abend war sie nicht da.

Gleich zu Beginn des Gottesdienstes höre ich den Grund. Sie ist von einem Ausflug nicht mehr zurückgekommen. Stattdessen findet man sie schwer verletzt und misshandelt. Opfer einer Gewalttat. Sie sei am Leben, aber die Verletzungen seien schwer.

Ich war geschockt, verwirrt, erschrocken. Ich konnte nicht einmal weinen. Ich habe kaum mehr eine Erinnerung daran, was in dem Gottesdienst gesagt wurde, was gebetet, was gesungen. Aber ich erinnere, wie nahe wir zusammenrückten, uns gegenseitig umarmt und festgehalten haben.

Wir haben das Brot geteilt und den Abendmahlskelch herumgereicht. Und hatten dabei Angst, dass unsere Freundin stirbt. Fast so wie damals in Jerusalem, als Jesus mit seinen Freunden zu Abend aß und seinen Tod vor Augen hatte.

Nach christlichem Glauben ist Jesus Christus bei jedem Abendmahl präsent. An diesem Abend war das kein theoretisches Glaubenswissen. Ich habe es gespürt: Christus ist jetzt hier bei uns, wenn wir Brot und Wein in seinem Namen teilen und gleichzeitig um das Leben unserer Freundin bangen. Jesus teilt das Schicksal derjenigen, die Opfer einer Gewalttat geworden sind. 

Mir hat das damals Halt gegeben. Auch dann noch, als wir am Abend die Nachricht vom Tod unserer Freundin erhalten haben. Ich glaube und hoffe: Jesus Christus, der selbst die dunkelsten Seiten des Lebens erlitten, war in ihrer letzten Stunde bei ihr. Ob wir leben oder sterben, wir sind nicht allein.

Es gilt das gesprochene Wort.
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