Kinder in der Ukraine kennen den Himmel vor allem mit Drohnen und Raketen. Ein christliches Sommercamp in Lettland ermöglicht ihnen einen ganz anderen Blick nach oben.
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Ein Tag im Herbst an der lettischen Ostseeküste. Strahlend blauer Himmel. Ein frischer Wind weht von der Ostsee auf unsere Dachterrasse. Die Sonne strahlt in unsere Gesichter. Die Vögel singen, die Bäume wiegen sich im Wind. Ich bin hier als Militärgeistlicher zu einer Konferenz mit meinen Kollegen aus dem ganzen Ostseeraum. Wir hören von einer besonderen Aktion in Lettland.
Kurz nach dem Angriff Russlands gegen die Ukraine 2022 hat ein ehemaliger lettischer Militärpfarrer eine Aktion gestartet. Christinnen und Christen sammeln monatlich Kleidung, Medikamente, Lebensmittel, Babynahrung, Hygieneartikeln für die Menschen in der Ukraine.
Regelmäßig bringen der Pfarrer, seine Frau und weitere Freiwillige in Transportern die Sachen aus Lettland in die Ukraine. Tausende von Kilometern Fahrstrecke in gefährlicher Umgebung. Von den Anstrengungen ist dem lettischen Kollegen und seiner Frau nichts anzumerken. Stattdessen großer Tatendrang und Hoffnung.
An einer Stelle strahlt die Pfarrfrau besonders. Sie erzählt, wie sie Kinder aus der Ukraine nach Lettland zu einem mehrwöchigen Sommercamp einladen. Die Kinder verändern sich während dieser Wochen sichtbar. Anfangs sind sie verschreckt, blass, still. Dann nach einigen Tagen erhellen sich ihre Gesichter. Sie leben auf, fangen an, übermütig zu spielen. Sie lachen abends am Lagerfeuer. Am Ende des Tages fallen sie ins Bett und schlafen tief und fest.
Die Pfarrfrau sagt: "Wissen Sie, was die Kinder besonders schön finden? Sie blicken in den Himmel und er ist ruhig. Keine Flugzeuge mit Bomben, keine Raketen, keine Drohnen. Sie schauen in den Himmel und müssen keine Angst haben. Das merken sie nach einigen Tagen. Daher kommen der Übermut und die ausgelassenen Spiele."
Ein Himmel, von dem keine Gefahr droht. Ein weiter Raum, in dem man sich austoben kann. In einem Psalm steht: "Gott, du übergibst mich nicht in die Hände des Feindes; du stellst meine Füße auf weiten Raum." (Psalm 30,9) Ja, das brauchen wir. Das brauchen die Menschen in der Ukraine. Das brauchen wir in jedem Teil dieser Welt. Gut, dass es Christinnen und Christen sowie andere Engagierte gibt, die für Menschen in Bedrängnis Freiräume schaffen. Damit sie frei von Angst zum Himmel schauen können.