Er hatte Blut an den Händen. Unter seinem Kommando waren die aufständischen Bauern niedergemetzelt worden. Assa von Kram quälte die Frage: Wie kann ich den Kriegsdienst mit meinem Gewissen als Christ vereinbaren?
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Frieden. Was ist echter Frieden? Wie schließt man ihn? Um solche Fragen geht es in der neuen Friedensdenkschrift der Evangelischen Kirche. Darin kommt auch vor: Inwieweit können Christinnen und Christen als Soldatinnen und Soldaten dem Frieden dienen?
Darüber hat bereits Martin Luther nachgedacht. Für den Reformationstag heute habe ich herausgesucht, was der Reformator über Frieden geschrieben hat. Anlass seiner Schrift: der Aufstand der Bauern in Thüringen. Das vereinigte Heer der Fürsten hatte in der Schlacht bei Frankenhausen das Bauernheer geschlagen. Genauer gesagt: niedergemetzelt. Tausende von Bauern starben.
Das alles geschah vor 500 Jahren, im Mai 1525. Assa von Kram war einer der Heerführer auf der Seite der Fürsten. Kurz nach dem Gemetzel traf er Luther in Wittenberg. Noch ganz erschüttert von den Schrecken der Schlacht stellt der Hauptmann dem Reformator die Frage: Lässt sich Beteiligung am Krieg mit dem christlichen Gewissen vereinbaren? Vom Zweifel ist die Rede, von der Entscheidung, nie mehr in den Krieg zu ziehen.
Nach diesem intensiven Gespräch verspricht Luther eine ausführliche Antwort innerhalb eines Jahres. Er braucht länger. So komplex ist die Frage, und komplex sind auch die Antworten, "ob Kriegsleute im seligen Stande sein können", so der Titel seiner Schrift aus dem Jahr 1526.
Vieles, was Luther damals geschrieben hat, bleibt in seiner Zeit verhaftet. Einige seiner Aussagen halte ich auch heute für wichtig. Das Eine: Soldatinnen und Soldaten handeln nicht auf Grund einer persönlichen Entscheidung, sondern im Auftrag des Staates, im rechtlichen Auftrag. Ihr Dienst ist ein stellvertretendes Handeln für die Gesellschaft. Sie sind bereit, für andere einzustehen, im Ernstfall mit dem eigenen Leben.
Das Zweite: Trotzdem bleiben Soldatinnen und Soldaten für ihr Handeln persönlich verantwortlich. Sie müssen es mit ihrem Gewissen vereinbaren können. Ihr Handeln ist immer mit dem Risiko verbunden, schuldig zu werden.
Das Dritte: Deshalb brauchen sie Menschen, die mit ihnen die Fragen des Gewissens erörtern und sie in ihrem Tun seelsorglich begleiten. Daher gibt es Seelsorger und Seelsorgerinnen in der Bundeswehr. Sie ermutigen Soldatinnen und Soldaten zur Übernahme persönlicher Verantwortung. Sie begleiten sie bei belastenden Erfahrungen. Sie nehmen ihre Gewissensfragen ernst, so wie es Luther damals bei dem Soldaten Assa von Kram tat.
Es gilt das gesprochene Wort.
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