Wenn die Stadt noch schläft und du schon wach bist: Eine Stunde gehört nur dir. Die beste Zeit für alle Lerchen und Early Birds.
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Zwei- bis dreimal in der Woche gehöre ich zum 5-Uhr-Club. So nennen sich die Frühaufsteher, die die Morgenstunde zwischen fünf und sechs zelebrieren. Im 5-Uhr-Club schwören einige auf die 20-20-20-Methode: 20 Minuten sich bewegen – also: Gymnastik, Krafttraining oder Yoga. 20 Minuten meditieren. 20 Minuten etwas lesen oder lernen.
Ich halte mich nicht so streng daran. Klar können solche Methoden helfen, damit ich einen Rhythmus finde. Aber der Tag ist getaktet genug. Um so wichtiger, dass er mit der Freiheit beginnt: Ich kann, muss aber nicht.
Nicht jede und jeder ist ein Early Bird. Die Nachtigallen und Nachteulen haben ihre besondere Zeit, wenn ich meist schon schlafe. Ich hingegen gönne mir den Luxus, früh aufzustehen und die Stunde von 5 bis 6 für mich zu gestalten. Und ich kann den Morgen so ungestört genießen, weil ich keine Kinder habe. Mit Familie, die versorgt sein will, sieht das anders aus. Ich muss morgens nur mich selbst und den Hund flott machen. Mein Mann sorgt für sich selber.
Diese Zeit in aller Früh hat was. Meine Stadt Frankfurt am Main liegt ruhig da. Die Sonne geht in dieser Jahreszeit erst kurz nach 7 auf. Draußen es ist also noch dunkel. Von meinem Dachfenster aus sehe ich nur ein paar Lichter in den Hochhaustürmen der Banken. Der Verkehr ist kein Dauer-Rauschen. Man hört jedes einzelne Auto, das einsam die Straßen entlangfährt, und manchmal das Rollen des Koffers von jemandem, der früh zum Zug oder zum Flughafen muss.
Ansonsten habe ich die Welt um diese Zeit für mich. Ich bin ihr eine Stunde voraus. Ich genieße das Gefühl, einen kleinen Vorsprung zu haben. Es ist, als wäre ich dabei, wenn ein neuer Tag in Gottes Schöpfung anbricht. Ich bin mitten drin zwischen dem, was gestern war, und dem, was heute kommt. Zu meinem Morgenritual gehört: an die denken, die gute Gedanken gerade brauchen können. Ich schicke ein Gebet für sie in den Morgenhimmel.
"Wach auf, meine Seele, ich will das Morgenrot wecken!", steht in einem Psalm in der Bibel (Psalm 57,9). Ein schöner Gedanke für Early Birds wie mich: Wir sind vor Sonnenaufgang auf und wecken den Tag für die anderen.
Viele Religionen und spirituelle Wege wissen um die Besonderheit der ersten Morgenstunden. Wie der Tag dann läuft, das habe ich nur zum Teil in der Hand. Einiges kann ich planen. Aber es gibt meistens etwas, das anders kommt als gedacht, das mich überrascht oder das mir aufgezwungen wird. Darum schön, wenn der Anfang mir gehört.
Es gilt das gesprochene Wort.
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