Wort zum Tage
Ein Gebet geht um die Welt
06.03.2015 05:23

Im puderfeinen Sand liegen und von der Sonne getrocknet werden, eintauchen und mit den Fischen auf Augenhöhe schwimmen. Die Korallenriffe und der glasklare Ozean der Bahamas bieten das. Auf den 700 Inseln dieses karibischen Staates ist man dem Paradies auf der Spur. Und die hier anreisen, sie sind randvoll gefüllt mit Sehnsüchten, suchen unvergessliche Urlaubstage zwischen Meer, Mangroven und Palmen. Surfen, Hochseefischen, Delfine beobachten. Und mit etwas Glück auch den Nationalvogel der Bahamas sehen: den Flamingo – in freier Wildbahn!

 

Das Paradies ist allerdings bedroht. Klar bringt das Ausland Geld herein und sichert einen gewissen Wohlstand. Aber es erzeugt auch Abhängigkeit. Und wo soziale Abhängigkeiten Spannungen bringen, treffen die zuerst die Schwächeren. Migranten, etwa aus Haiti, erleben, was es heißt, nicht willkommen zu sein. Körperliche Misshandlungen stehen auf der Tagesordnung – ebenso häusliche Gewalt in den zum Teil furchtbar armen Familien des Landes. Viele werden unbarmherzig in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt, ganz gleich, ob sie dort Folter oder gar der Tod erwartet. Amnesty International weist in seinem Jahresbericht regelmäßig darauf hin. Wen interessiert das schon?

 

Heute interessiert das Frauen und Männer auf der ganzen Welt. Denn heute wird an vielen Orten gebetet für die Frauen und Kinder, die von Gewalt bedroht sind – nicht nur auf den Bahamas. Der erste Freitag im März ist der Weltgebetstag. Vielleicht feiert eine christliche Gemeinde ihn auch in Ihrer Nähe. Ein Gebet geht heute um die ganze Welt. Ob in Kanada, Norwegen, in Mozambique oder in der Mongolei – Christen feiern Gottesdienste und halten sich dabei an dieselben Texte, Gebete und Lieder. Die haben Christinnen auf den Bahamas verfasst. Mit ihnen wird einen Tag lang rund um die Uhr, rund um die sich drehende Erdkugel Gottesdienst gefeiert.

 

Im Zentrum steht eine intime biblische Erzählung. Sie berichtet, wie Jesus seine Liebe hautnah zeigt: Er wäscht seinen Jüngern die Füße. Ein hingebungsvoller Akt. Eine Erzählung von der Würde der Körperlichkeit, vom Dienst am Körper des Anderen, nicht schamlos, sondern dabei die Grenzen des Anderen achtend. Es ist eine Geschichte von Vertrauen und Aufrichtigkeit. Solche buchstäblich berührenden Geschichten gehören für mich zu den großen Hoffnungsschimmern der Zivilisation. Es mag wenig sein angesichts des Kampfes gegen Dauerentwürdigungen. Aber der Jesus, der anderen die Füße wäscht, ist ein Hoffnungsbild dafür, wie Nähe geschehen kann.

 

Ein Gebet geht um die Welt. Ein Bitten um den Erhalt der Würde jedes einzelnen. Ich setze darauf, dass solches Beten die Welt verändert. Es beginnt damit, dass die Betenden sich verändern.

Sendungen von Pröpstin Christina-Maria Bammel