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Alleine reisen hat Vorteile. Zugegeben: Das ist unbequem und anstrengend. Aber ich habe gemerkt, dass es mir guttut, ab und zu meine Komfortzone zu verlassen.
Wenn ich alleine reise trage ich viel Verantwortung und muss stets aufmerksam sein. Mein Fokus richtet sich auf das Hier und Jetzt, und ich konzentriere mich auf das Wesentliche. Ich brauche schon vor der Abfahrt ein bisschen Selbstbewusstsein.
Aber ich merke, wie es leichter wird. Mein Selbstbewusstsein wächst, und die Aufregung weicht etwas. Ich lerne viel über mich und ich nehme meine Umwelt sehr viel intensiver wahr. Ich werde achtsamer und freue mich mehr über scheinbare ‚Kleinigkeiten‘, die im wuseligen Alltag nicht meine Aufmerksamkeit erhalten hätten. Ich bin dankbarer für alles, was ich erleben darf und all die Dinge, die ‚einfach mal gut‘ laufen.
So wirklich alleine reise ich aber eigentlich nie. Wo ich auch hingehe, lerne ich Menschen kennen: Im Zug, im Hostel, auf den Wanderwegen treffe ich Menschen aus unterschiedlichsten Ländern und wir kommen ins Gespräch. Das geht oft sehr schnell, weil ich nicht auf meine Mitreisenden fixiert bin. Andere Alleinreisende suchen gern den Kontakt. Wir reden über Gott und die Welt.
Ich habe den Eindruck, zwischen Reisenden ist diese Offenheit für Neues: Neue Begegnungen, neue Bekanntschaften, neue Perspektiven. Man hilft sich gegenseitig, teilt für eine bestimmte Zeit den Weg und ist für einen Augenblick gemeinsam alleinreisend. Auch mit Einheimischen komme ich schnell ins Gespräch, weil ich gelernt habe um Hilfe zu bitten, wenn es zum Beispiel darum geht, den Weg zu finden oder das richtige Abfahrtgleis. Und die Resonanz ist: Hilfsbereitschaft. Und zwar mehr als ich erwarten kann.
Oft habe ich schon erlebt, dass ich nach dem Weg frage und anstelle einer groben Beschreibung, direkt eine kleine Stadtführung bekomme. Menschen nehmen sich Zeit, hören zu und schenken mir ebenso Vertrauen wie ich ihnen Vertrauen schenke. Das sind schöne Begegnungen.
Und zwischen all den Eindrücken, finde ich auch Ruhe in mir. Ich lerne wieder besser hinzuhören, was mein Herz mir zu sagen hat. Mein Glaube hilft mir auf solchen Reisen sehr und stärkt mir den Rücken. Ich fühle mich behütet.
Ein Vers aus dem Psalm 139 begleitet mich auf meinen Reisen:
"Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand [, Gott,] mich führen und deine Rechte mich halten." (Psalm 139, 9f.) (1)
Und diese schützende Hand Gottes finde ich in den kleinsten Dingen – auch im Alltag. Aber auf meinen Reisen lerne ich, sie wahrzunehmen: indem ich auf die richtige Intuition höre, wenn ich über die Schönheit der Erde staune, wenn Fremde zu Gefährt*innen werden.
Es gilt das gesprochene Wort.
Literatur dieser Sendung:
(1) Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.