Wer im Chor oder in einer Band singt, lebt länger. So das Ergebnis einer Untersuchung. Musik hat in der Bibel heilende Kraft. Für unseren Autor Fritz Baltruweit ist das nicht der einzige Grund, warum er gern singt.
Sendetext nachlesen:
"Ich bin so knallvergnügt erwacht.
Ich klatsche meine Hüften.
Das Wasser lockt. Die Seife lacht.
Es dürstet mich nach Lüften.
Aus meiner tiefsten Seele zieht
mit Nasenflügelbeben
ein ungeheurer Appetit
nach Frühstück und nach Leben."
Heute Morgen geht es mir so,
wie es das Gedicht von Joachim Ringelnatz sagt:
Heute Morgen bin ich dankbar.
Heute kann ich singen.
Singen ist etwas Wunderbares.
Singen bringt Sonne in mein Leben.
Ohne Lieder leben,
ohne die Geschichten, Klänge, Laute –
ohne den Gesang für dich und mich –
ja, das wär für mich nur ein halbes Leben.
Ja, da ist Musik drin:
Im Leben,
in mir.
Das macht mein Leben froh.
Und ich singe, sing dir mein Lied.
"Ich sing dir mein Lied":
Ich sing dir mein Lied. In ihm klingt mein Leben.
Die Töne, den Klang hast du mir gegeben
von Wachsen und Werden, von Himmel und Erde,
du Quelle des Lebens. Dir sing ich mein Lied.
Heute ist der Sonntag "Kantate: Singt!"
"Kantate" ist auch das erste Wort von Psalm 98, der zum heutigen Sonntag gehört.
Dort heißt es:
"Singet dem HERRN ein neues Lied,
denn er tut Wunder.
Unser Gott hat seine Hilfe bekannt gemacht.
Vor den Augen der Völker hat er offenbart,
dass seine Gerechtigkeit allen Menschen gilt.
Er wird den Erdkreis richten mit Gerechtigkeit
und die Völker, wie es recht ist.
Deshalb: Heißt unseren Gott willkommen, alle Welt,
singt, seid fröhlich, musiziert -
mit Harfen und Gitarren,
mit Trompeten und Posaunen."
Alle Psalmen sind Lieder – die Lieder der Bibel.
Ich stelle mir vor, wie dieses Lied im Jerusalemer Tempel gesungen wurde.
So beschreibt es die Bibel, als der Tempel eingeweiht wurde:
Die Leviten, die festlich gekleideten Tempelbediensteten, bildeten einen großen Chor. Sie sangen und spielten mit Zimbeln und Harfen.
Und 120 Priester bliesen die Trompeten. (2. Chronik 5,12)
Die Anwesenden waren ergriffen von Musik und Gesang.
Sie fühlten sich mit Gott auf diese Weise besonders verbunden.
Sie gehörten alle zusammen,
vereint in der Erfahrung:
Gott ist nah,
Gott ist mitten unter uns:
Die Herrlichkeit des Herrn erfüllt das Haus Gottes.
Ja: Wo für Gott gesungen und gespielt wird,
durchweht Gott selbst Herz und Seele.
Singen ist ein Grundelement des Glaubens,
das uns mit Gott und miteinander verbindet,
das uns aufleben lässt,
emporhebt hin zu Gott:
Singen - ein Stück Himmel.
Ich bin sicher: Gott liebt die Musik,
sonst würde im Himmel ja nicht ständig gesungen und musiziert
mit Psalmen, Hymnen und Lobgesängen.
Und weil Gott mit Sicherheit musikalisch ist, so stelle ich es mir vor,
hört er schon am Klang unserer Stimmen, wie es uns geht,
was wir brauchen
und was er uns Gutes tun kann.
"Ich sing dir mein Lied":
Ich sing dir mein Lied. In ihm klingt mein Leben.
Den Rhythmus, den Schwung hast du mir gegeben
von deiner Geschichte, in die du uns mitnimmst,
du Hüter des Lebens. Dir sing ich mein Lied.
"Ich sing dir mein Lied" sagt es fast wie der Psalm:
Ich sing für dich, Gott.
Du schenkst mir so viel – jeden Tag.
Dafür bin ich dankbar.
Du hilfst, wo ich es brauche.
Nicht nur mir.
Nicht nur uns in unserem Land.
Einheimischen und Dazugekommenen.
Allen – in Nord und Süd, in Ost und West.
Allen schenkst du deine Zuneigung.
Ja: Deine Gerechtigkeit gilt allen Menschen.
"Ich sing dir mein Lied":
Ich sing dir mein Lied. In ihm klingt mein Leben.
Die Tonart, den Takt hast du mir gegeben
von Nähe, die heil macht – wir können dich finden,
du Wunder des Lebens. Dir sing ich mein Lied.
In dem biblischen Text, der heute am Sonntag Kantate "dran" ist,
fährt ein böser Geist in Saul. Er war der erste König Israels.
In der Geschichte kommt der böse Geist sogar von Gott. Vielleicht ist das ein Erklärungsversuch, wenn ein König, der bislang gut regiert hat, auf einmal ganz andere Seiten zeigt.
Ein böser Geist:
…vielleicht, wenn Saul machtbesessen war -
versuchte, andere Länder zu erobern und ihre Völker zu unterdrücken -
oder wenn er Fake News in die Welt setzte, um seine Macht zu sichern…
Wir kennen so etwas aus heutigen Zeiten ja auch…
…jedenfalls immer, wenn König Saul von allen guten Geistern verlassen war,
wenn ihn ein böser Geist befiel,
ließ er einen Hirtenjungen holen, der Harfe spielte.
David hieß der Hirtenjunge.
Und der schaffte es immer wieder,
Saul mit seiner wunderschönen Musik und seinen Liedern zu heilen.
Dann heißt es in der Bibel:
"Sooft aber der böse Geist Gottes über Saul kam,
nahm David die Harfe zur Hand und spielte.
Da konnte Saul befreit aufatmen - und es ging ihm besser.
Denn der böse Geist hatte ihn verlassen." (1. Samuel 16)
Ich wünsche mir: Der Hirtenjunge könnte mit seiner Harfe auch heute den einen oder anderen Mächtigen wieder in die richtige Spur bringen.
Ja: Die Geschichte in der Bibel sagt tatsächlich: Musik kann heilen.
Musik bringt die guten Geister zurück…
Musik befreit.
"Ich sing dir mein Lied":
Ich sing dir mein Lied. In ihm klingt mein Leben.
Die Höhen und Tiefen hast du mir gegeben.
Du hältst uns zusammen trotz Streit und Verletzung,
du Freundin des Lebens. Dir sing ich mein Lied.
Frei werden von einem bösen Geist, der einen gefangen nimmt…
Von einer Befreiungsgeschichte erzählt auch "Ich sing dir mein Lied".
Das Lied hat einen weiten Weg hinter sich. Es kommt aus Brasilien.
Dort hatten die einheimischen Völker nicht nur unter jahrhundertlanger Unterdrückung zu leiden. Es gab dort auch eine ebenso lange Geschichte der Unterdrückung der heimischen Musik-Kultur.
Die Musik-Professorin Simei Monteiro aus Sao Paulo erzählte mir einmal:
"Bei uns waren es zum Beispiel bestimmte Volksinstrumente,
die im Gottesdienst verboten waren.
Die ‚Offiziellen‘ sagten: ‚Eine Blockflöte ist ein Sexsymbol!‘ […]
und wollten damit die Musik des Volkes aus dem Gottesdienst verbannen.
Oder: ‚Die Trommel ist ein Instrument der Schwarzen!‘ –
Man durfte zeitweise auch keine schwarzen Klaviertasten benutzen,
und keine ‚schwarzen‘ Noten, also Viertel- und Achtelnoten usw. –
Damit wurde der uns eigene Rhythmus unterdrückt.
Es gibt eine Geschichte des Sexismus und des Rassismus auch in der Kirchenmusik."
Bei uns in Deutschland haben in den 1960er Jahren Lieder wie "Danke für diesen guten Morgen" neue Akzente in der Kirchenmusik gesetzt. In der derselben Zeit gab es auch auf dem lateinamerikanischen Kontinent eine Befreiung für die Melodien und Rhythmen im Gottesdienst. Da dominierten dann nicht mehr nur amerikanische und europäische Hymnen, sondern auch die eigenen Klänge der Einheimischen.
Und seitdem werden zu Akkordeon, Trommel, Flöten- und Gitarrenklängen auch Lieder wie "Ich sing dir mein Lied" wieder selbstverständlich in den Kirchen Südamerikas gesungen.
Die "Einbahnstraße" gibt es seitdem nicht mehr, dass immer nur Lieder aus Europa und Nordamerika in die Länder "des Südens" exportiert und dort gesungen werden.
Seitdem kommen auch immer wieder Lieder aus diesen Ländern zu uns – und machen unsere Gottesdienste lebendiger.
Cantai ao Senhor um cântico novo,
cantai ao Senhor um cântico novo.
Cantai ao Senhor um cântico novo,
cantai ao Senhor, cantai ao Senhor.
Musik und Heilung, Musik und Befreiung sind Geschwister -
sagen die biblischen Texte des heutigen Sonntags.
Eine wunderbare Aussage.
Und das stimmt in jeder Beziehung – besonders für das Singen:
Egal, ob ich schön oder schräg singe: Singen stärkt die Abwehrkräfte,
verbessert die Stimmung und kann sogar glücklich machen.
Beim Singen werden Glückshormone ausgeschüttet
und Stresshormone abgebaut.
Und: Mitglieder von Chören und Gesangsgruppen leben länger.
Das hat eine Untersuchung von rund 12.000 Menschen aller Altersgruppen belegt.
Lied (Dorival Ristoff):
Porque ele fez, ele faz maravilhas,
porque ele fez, ele faz maravilhas,
porque ele fez, ele faz maravilhas,
cantai ao Senhor, cantai ao Senhor.
Der heutige Sonntag "Kantate – Singt!" macht mir bewusst:
Zum Musikmachen, zum Singen bin ich geboren.
Wenn ich singe,
komme ich auch immer wieder meinem ureigenen Grundton auf die Spur.
Der Grundton, der mich trägt,
auf dem mein Leben aufbaut
und der meinen Tönen einen vollen Klang gibt.
Und: Das Singen, die Klänge, die Töne gehen weit über mich hinaus
bis in den Ur-Klang des Tons, der die Welt zum Schwingen bringt.
Der allgegenwärtig ist in allen Dingen und Lebewesen.
Ich kann einstimmen in den Gesang,
der außer und über den Menschen ist: in das Lob für Gott von allem, was lebt –
in das Lob der unerfindlichen Schönheit der Musik,
die befreit und heilt.
So hält Musik, so halten Klänge die Welt zusammen.
Übrigens hat Martin Luther deshalb auf die Musik im Gottesdienst "gesetzt",
auch auf die Musik, die allen von den Marktplätzen bekannt war –
heute würde man sagen: aus Radio, Fernsehen und Spotify.
Die Menschen sollten sich zuhause fühlen im Gottesdienst –
und vor allem: mit Lust mitsingen.
Darum hat Luther auf populäre Melodien Glaubens-Texte gedichtet.
Er hat gesagt:
"Die edle Musika ist nach Gottes Wort der höchste Schatz auf Erden.
Sie regiert alle Gedanken, Sinn, Herz und Mut.
Willst du einen Betrübten fröhlich machen, einen frechen, wilden Menschen zähmen, dass er gelinde werde, einem Zaghaftigen Mut machen, einen Hoffärtigen demütigen – was kann besser dazu dienen denn diese hohe, teure, werte und edle Kunst?"
Ich empfinde das auch so:
Wenn ich Musik mache, wenn ich singe, dann lebe ich richtig auf.
Dann erlebe ich am eigenen Leib:
Musik hat Kraft.
Und gibt Kraft.
Sie inspiriert, und sie heilt.
So schaue ich: Welches ist denn heute das Lied, das mich findet,
sich bei mir einnistet,
zu meiner heutigen Lebens-Melodie wird?
Versuchen Sie es doch auch einmal:
Summen, pfeifen, singen Sie heute einfach mal vor sich hin.
Ich bin sicher: Es wird Ihnen guttun.
Ich sing dir mein Lied:
Ich sing dir mein Lied. In ihm klingt mein Leben.
Die Töne, den Klang hast du mir gegeben
von Zeichen der Hoffnung auf steinigen Wegen,
du Zukunft des Lebens. Dir sing ich mein Lied.
Es gilt das gesprochene Wort.
Musik dieser Sendung:
1–3, 5, 8: Ich sing dir mein Lied
4. Jeder Mensch braucht einen Engel (Harfenmusik)
6., 7. Luciano Camargo und Dorival Ristoff: Cantao al Senhor