ÜBER-SETZEN zu den Friedensstiftern

Morgenandacht
ÜBER-SETZEN zu den Friedensstiftern
07.05.2015 - 06:35
03.04.2015
Pfarrerin i.R. Gabriele Herbst

Morgen ist er 70 Jahre alt – der „Tag der Befreiung „. Zu Recht heißt er so. Denn am 8. Mai vor 70 Jahren kapitulierte die deutsche Wehrmacht vor den alliierten Mächten – und die Welt war befreit von der faschistischen Diktatur eines Adolf Hitler und seiner Vernichtungshelfer. Heute steht in meinem Kalender nur noch: Ende des zweiten Weltkrieges in Europa. Das genügt mir nicht.

 

Für mich bleibt es der „Tag der Befreiung.“ 70 Jahre Frieden in Deutschland, eine unblutige Revolution von 1989, die zur Wiedervereinigung des geteilten Landes führte! Wir in Deutschland könnten auf den Straßen tanzen, uns an solchem Friedensglück freuen. Aber so richtig ist mir danach nicht. Zu viele Menschen waren in diesem Frühling auf den Straßen, die eine überwunden geglaubte Vergangenheit nach oben spülten. Rassistisches und neofaschistisches Denken und Tun kommt mit ungeahnter Brutalität und Dumpfheit zum Vorschein, dass ich vor Scham oft nicht schlafen kann. Viele neue Kriege sind auf der Welt zu beklagen. Fanatismus zwingt mit Terror Millionen Menschen zur Flucht.

 

Trotzdem Feiern? Befreiung und Frieden festlich begehen?

 

Unbedingt, meine ich. Man kann tanzen, um Kraft zu gewinnen. Man braucht kreative Pausen der Freude, des Gebets, des gemeinsamen Essens – in denen man sich vergewissert, wie die nächsten Schritte für die Erhaltung von Frieden sein können. Eine brauchbare Anleitung für so eine Vergewisserung finde ich im 1.Petrusbrief des Neuen Testamentes (3,10f.);

 

„Wer das Leben lieben und gute Zeiten sehen will, der hüte seine Zunge, dass sie nichts Böses rede und seine Lippen, dass sie nicht betrügen. Er wende sich ab vom Bösen und tue Gutes. Er suche Frieden und jage ihm nach.“

Dem Frieden nachjagen, ihn suchen! Plastische Bilder. Sie beschreiben, dass Friede nie für alle Zeit da ist, dass er immer wieder eingeübt werden muss. Dass er manchmal freigeschaufelt werden muss wie ein Schatz, wenn Schmutz, Gewöhnung oder Bosheit ihn überlagern.

 

Mit meinem Enkel, der am morgigen Tag der Befreiung seinen sechsten Geburtstag feiert, spreche ich oft über die Schönheit von Frieden. Wie alle kleinen Jungen ist er fasziniert vom Kämpfen, von starken Männern, die sich von niemandem einschüchtern lassen. Er findet es gar nicht cool, dass seine Oma Spielzeugpistolen ablehnt und schon bei Messern die Nase rümpft. Ach Du, sage ich zu diesem wunderbaren Menschen, der so viel Frieden im Gesicht trägt. Du kennst doch in deiner Heimatstadt viele Frauen, Männer und Kinder aus anderen Ländern, die vor Pistolen und Messern fliehen mussten. Wollen wir nicht lieber Frieden üben? Langweilig, mault er. Langweilig.

In diesem Frühling bot sich uns beiden eine Chance, Frieden zu üben. Mein Enkel besuchte uns in Magdeburg, um mit uns seinen Tauftag zu feiern. Wir luden Nachbarskinder ein und zwei syrische Kinder, die gerade erst vor dem Krieg des Islamischen Staates geflohen waren. Warum sind die in Magdeburg, fragte mein Enkel? Weil Soldaten ihre Familien töten wollen. Aber warum? Was haben sie Böses getan? Nichts. Antworte ich. Sie wollen nur leben wie du, spielen, lernen und an Jesus glauben. Ich sehe, wie mein Enkel nachdenkt.

 

Als der fünfjährige Issa und die siebenjährige Mary am Nachmittag an unserer Tür stehen, ist mein Enkel aufgeregt. Noch können die beiden Kinder kaum ein Wort Deutsch. Mein Enkel rennt zum festlich gedeckten Tisch und hält ihnen seine extra für sie gemalten Bilder hin. Auf den Bildern leuchtet bunter Frieden. Drei Kinder halten sich fest an den Händen. Die Sonne scheint auf einem Blatt Papier, auf dem Pistolen und Gewalt keinen Platz haben.

03.04.2015
Pfarrerin i.R. Gabriele Herbst