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Manchmal geschieht es einfach. Du begegnest einem Menschen, der dir Ungewöhnliches erzählt. Plötzlich sagt einer aus Wuppertal, dass er in Tansania, in der Nähe des Tanganjikasees, geboren sei. Sein Vater sei dort bis 1938 Missionar gewesen. Das berührt dich unmittelbar. Du bist oft in Tansania gewesen. Sofort hast du Gesichter und Landschaften parat. Dass christliche Missionare vor rund 100 Jahren in dieses ostafrikanische Land aufgebrochen sind, weißt du. Aber wie haben sie dort gelebt ? Was ist von ihnen geblieben? Wer ist aus ihrem Stammbaum gewachsen?
Hermann Schulz zum Beispiel. Schriftsteller und jahrelanger Leiter des Peter Hammer Verlages. Er lief mir über den Weg. Mit Afrika im Herzen, wie er manchmal sagt. Er machte mich neugierig auf sein Leben.
Und dann stieß ich vor nicht allzu langer Zeit noch einmal auf einen interessanten Mann. Ich kannte ihn schon länger als Verfasser einer Modekolumne im ZEIT-Magazin. Seine Ausflüge nach New York oder Paris brachten mich oft zum Staunen über Schönheit und Verrücktheit der Mode. So einer sollte Urenkel des berühmten Missionars Bruno Gutmann sein, der von 1902 bis 1938 am Fuße des Kilimandscharos den Dschaggas das Evangelium, den Gospel brachte? Tatsächlich. Tillmann Prüfer hat wie Hermann Schulz einen Missionar im Stammbaum. Solche ungewöhnlichen Gesprächspartner konnte ich mir nicht entgehen lassen.
Da sitzen wir nun in Berlin. 8000km von Tansania entfernt. Wir wollen uns Männern nähern, die vor langer Zeit mit großem Mut aufbrachen, um in einer für sie fremden Welt den christlichen Gott unter die Leute zu bringen.
Woran erinnern Sie sich, Hermann Schulz , wenn Sie heute an Ihren Vater Wilhelm Schulz denken?
Schulz: „Meine erste eindrückliche Begegnung mit meinem Vater war an seinem Grab, da war ich vier Jahre alt, da besuchte mich ein polnischer Händler aus Oberhausen, mit dem hat mein Vater fast zehn Jahre lang Handel getrieben und zwar hat er Löwen und Leopardenfelle nach Oberhausen geschickt und der Pole holte die ins Ruhrgebiet und verkaufte sie. Der tauchte plötzlich am Niederrhein auf, er wusste dass mein Vater gestorben war und wollte mit meiner Mutter und mir zum Grab. Und ich an der Hand meiner Mutter, sind wir zum Grab gegangen und da kniete er nieder und betete, schlug ein Kreuz und dann packte er eine Tasche aus und holte eine Edelweißpflanze raus und die pflanzte er auf das Grab meines Vaters. Und ich sah, wie ihm die Tränen liefen. Er muss meinen Vater also sehr gemocht haben. Das habe ich nie vergessen. Das war die erste Begegnung.
Die zweite fand 1977 in Tansania statt. Als ich den sogenannten Boy meines Vaters, mit Namen Timeo traf und er einen ganzen Abend von meinem Vater erzählte. Und das war was völlig anderes als das, was ich von meiner Mutter wusste. In den Worten meiner Mutter war er sehr streng, sehr fromm, und vor allem streng den Afrikanern und auch seinen eigenen Kindern gegenüber. Dieser Mann erzählte mir auch von Jagdabenteuern, er erzählte mir vom dem Gerechtigkeitssinn meines Vaters, und das hat mir alles sehr gefallen.
Und die dritte Begegnung verdanke ich eigentlich meiner Mutter. Sie erzählte mal wie nebenbei, dass auf der Heimfahrt von Afrika, von Dar es Salaam, der Vater, der todkrank war, nachts aufgestanden ist, ist an mein Körbchen gekommen und hat mich gesegnet. Und mir wurde erst später klar, was das bedeutet für einen todkranken Mann, eine kranke Frau und vier kleine Kinder zu hinterlassen, das war das einzige, was er für mich tun kann.“
Und wie ist es mit den Erinnerungen an Ihren Urgroßvater Bruno Gutmann, lieber Herr Prüfer?
Prüfer: „Mein Urgroßvater war natürlich schon lange gestorben, bevor ich überhaupt zur Welt kam. Er ist 1966 gestorben, also in diesem Dezember ist sein 50. Todestag. Und meine erste Begegnung war mit seinem Bild, das über dem Esstisch meiner Großmutter hing. Und da war er in aller Würde und Strenge drauf zu sehen, wie er in die Ferne blickt. Und das hat mir einen gehörigen Respekt vor ihm verschafft. Und tatsächlich war er auch ein sehr frommer, ein sehr strenger, gewissenhafter Mann. Er ist aufgewachsen in Dresden, kam aus einfachsten Verhältnissen, und hat sich aber durch seinen Glauben bis zu diesem Missionsverein gebracht, in Leipzig. War dann bis zu Beginn von 1902 bis zu Beginn des zweiten Weltkrieges mit Unterbrechungen in Tansania und hat dort kolossale Dinge getan, hat eine Gemeinde aufgebaut, ein Krankenhaus gebaut. Und das waren alles Sachen, die ich nur so aus Geschichten kannte, und die haben mich als Kind eher peripher interessiert . Für mich war das vor allem halt ein wunderlicher Mann. Und erst als ich angefangen habe, an dem Buch zu arbeiten, weil meine Mutter mit mir unbedingt nach Tansania fahren wollte zur Wirkungsstätte meines Urgroßvaters, wurde mir so Stück für Stück bewusst, was dieser Mann da alles geleistet hat.“
Wie hat es Ihrer beider Leben beeinflusst, Hermann Schulz und Tilmann Prüfer, dass Sie diese Missionare in Ihrem Stammbaum haben? Sie haben ganz unterschiedliche Erfahrungen mit diesen sehr frommen Vorfahren und ihrem Erbe gemacht? Könnten Sie davon erzählen?
Schulz: „Die Missionsgesellschaft, zu der mein Vater gehörte, war sehr fundamentalistisch, das war die erste deutsche Glaubensmission. Und die zwang auch meinen Vater, Handel zu treiben, um überhaupt seine Familie zu ernähren und Schulen bauen zu können. Von Kindheit hab ich eigentlich unter dieser fundamentalistischen Erziehung sehr gelitten, denn alles, was Freude machte im Leben, war verboten: Mädchen, Kino, Tanzen, die ganze Galerie der Freuden, die man auch als Kind erträumt, war verboten. Bis ich im Lebensalter von fünfzehn beschlossen hab, ich mach Schluss damit. Lieber in die Hölle kommen, als das Leben verpassen. Das war nicht wirklich eine Befreiung, denn der Gedanke, dass ich eines Tages verloren bin, der saß so tief in mir, dass ich doch Zweifel hatte, ob das richtig war. Davon hab ich mich erst lösen können, nachdem ich mit den Basisgemeinden in Lateinamerika in Kontakt kam und mit der Theologie der Befreiung.“
Prüfer: „Ich bin nicht sehr christlich erzogen worden. Weihnachten hat immer eine sehr, sehr große Rolle gespielt bei uns. Aber die Kirchgänge in meiner Kindheit, die sind mir nicht in sehr faszinierender Erinnerung. Es war immer ein bisschen klamm. Ich saß auf dieser harten Bank, und ich konnte einfach nicht dieser Predigt zuhören. Ich verlor einfach die Worte in meinem Kopf, es ging nicht. Und ich wurde konfirmiert, ich habe das als eher leidvoll erfahren. Man musste da in diesem Konfirmationsgottesdiensten singen, ich war im Stimmbruch, für mich war Singen eine körperliche Pein. Und ich hab auch die Kirche nicht als einen Ort der Freude erlebt, sondern als einen Ort der Schuldzuweisungen. Ich hab nicht verstanden, wie man mit vierzehn schon soviel Schuld auf sich geladen haben könnte, dass man irgendwie eine riesige Sünde abtragen muss, und ich fand das ungerecht, ne. Und deswegen endete meine Karriere als Christ auch abrupt mit meiner Konfirmation. Und zu dem ganzen Thema Glauben habe ich eigentlich erst durch die Beschäftigung mit meinem Urgroßvater zurückgefunden.“
Sie haben sich beide in Büchern literarisch mit ihren frommen Vorfahren beschäftigt. Sie, Hermann Schulz, haben viele eindrückliche Kinder- und Jugendbücher geschrieben, in denen immer wieder Afrika eine wichtige Rolle spielt. In den Büchern „Auf dem Strom“ und „Die Nacht von Dar es Salaam“ setzen Sie ihrem Vater ein literarisches Denkmal. Er starb 1938 auf der Heimfahrt von Tansania. Damals waren sie erst wenige Wochen alt. Was bewegt Sie, sich bis heute immer wieder mit diesem Vater auseinanderzusetzen?
Schulz: „Zunächst einmal war ich erstaunt, wie stabil die Gemeinde ist, die er in Tansania, in Kalinzi gegründet hat und wie andachtsvoll sie von meinem Vater sprachen . Er war im Gedächtnis da und die Leute guckten in mein Gesicht und suchten Züge meines Vaters. Und als ich meinen ersten Roman schrieb, das war 1995, da war ich schon fast 60 Jahre alt, da war mir gar nicht bewusst, dass das Buch von zwei Dingen handelt, von meiner großen Vatersehnsucht, die mir nicht bewusst war, und von meinem tiefen Wunsch, mal ein paar Tage mit diesem Vater allein unterwegs zu sein. Ich habe daraus ein krankes Kind gemacht und eine Reise über einen Strom. Und erst später wurde mir klar, dass tief in meinem Innern eine Auseinandersetzung begann mit dem Beruf meines Vaters, mit dem ich sonst nicht viel anfangen konnte. Aber wenn ich meinen eigenen Beruf als Verleger ansehe, ja, hat der auch eine Menge Missionarisches. Also das spüre ich ganz einfach, dass da in den Genen Dinge angelegt sind, die mich zu einem Engagement, Gerechtigkeitssinn, vor allen Dingen, die Gerechtigkeit, afrikanische Literatur hier bekannt zu machen, dass das auch eine missionarische Geste ist. Und durch die erste Begegnung mit seiner Gemeinde hab ich mich vor allem auch angefreundet mit seinem Beruf. Denn ich habe gemerkt, die Afrikaner haben eine große Leistung. Sie akzeptieren die Kolonialgeschichte und auch die Missisonsgeschichte als ihre eigene Geschichte. Ohne dauernd das offene Messer in der Tasche zu haben. Sondern sie nehmen das als gegeben hin und versuchen eine gerechte Einordnung. Was nicht heißt, dass sie nicht auch an die vielen Übeltaten der Europäer in ihren Völkerschaften denken und auch darüber schreiben.“
Sie, lieber Herr Prüfer, haben sich lange Jahre überhaupt nicht für ihren Urgroßvater interessiert. „Was habe ich mit dem zu tun?“, fragen Sie in ihrem 2015 erschienenen Buch „Der heilige Bruno“. „Der war schon lange tot, bevor ich auf die Welt kam. Er hat nie an mich gedacht. Warum soll ich jetzt an ihn denken?“ Warum konnte der Urgroßvater für Sie einmal so wichtig werden, dass sie bei ihrem Besuch in Tansania sogar einmal mit „Tillmann Gutmann“ unterschrieben haben?
Prüfer: „Es war ja so, dass ich gar nicht vorhatte, mich mit meinem Urgroßvater noch mal so zu beschäftigen. Es war meine Mutter, die halt unbedingt nach Tansania, nach Moshi, dort wo die Missionsstation gewesen war, mit mir reisen wollte. Und als ich dort unten dann war und merkte mit welchem Respekt die Menschen dort von meinem Urgroßvater sprechen und wie lebendig das, was er gelehrt hat, dort in den Gemeinden noch ist, da hab ich dann wirklich begonnen, darüber nachzudenken, was denn dieser Mann dort alles geleistet hat. Man war so glücklich, dass wir da sind. Und bis ich dann verstanden hab, na ja die sind nicht glücklich, dass Tillmann Prüfer da ist, das ist denen ziemlich egal, sondern die wollen durch mich etwas von Bruno Gutmann spüren. Und das hat mich dann auch gezwungen, mich diesen Gedanken zu öffnen und auch dem Glauben zu öffnen, und zu verstehen, ob ich jetzt irgendwie an Gott so glaube oder nicht, das ist jetzt vielleicht gar nicht wichtig. Wichtig ist, dass ich diesen Menschen etwas zurückgebe im Sinn diesen Glaubens. Und ich hab eben auch dann erst verstanden, warum Bruno Gutmann dort noch so verehrt wird. Weil er eben anders war als andere Missionare , da waren viele Missionare in Moshi gewesen, aber nur Bruno Gutmann wird als der Altvater bezeichnet. Was eben auch daran lag, dass er der Kultur der Dschagga mit einem unglaublichen Respekt gegenübergetreten ist. Als er 1902 am Kilimandscharo ankam, war ja die Kultur der Dschagga schon am Untergehen. Er hat alles aufgeschrieben, das Rechtssystem, die Sprache, die Gesänge, die Fabeln, über 30 Bücher, was heute ihr Kulturschatz ist . Also durch Bruno Gutmann können diese Menschen heute verstehen, woher sie kommen.“
Ich bin oft in Tansania gewesen. Ich habe gemerkt, wie tief viele Menschen dort religiös verwurzelt sind. Unter Christen ist es normal, vor dem Autofahren zu beten oder in der Familie über einen Bibeltext zu reden. Hier in Deutschland gelten Gespräche über Gott außerhalb eines Gottesdienstes eher als peinlich. Mission bedeutet für mich, anderen nicht zu verschweigen, welche Worte und Werte einem im Leben helfen. Ich werte den Lebensentwurf der anderen dabei nicht ab. Sie, Herr Prüfer, schreiben im Buch „Der Heilige Bruno“ nach dem Besuch eines Gottesdienstes in einer Berliner Kirche: „der Zustand der Gemeinde ist so schlecht – sie bräuchte dringend einen Missionar.“ Was meinen sie damit?
Prüfer: „Na ja. zum einen , diese Gottesdienste in Berlin sind äußerst, äußerst spärlich besucht . Also die konkrete Gemeinde, zu der ich angehöre, war einmal die größte protestantische Gemeinde weltweit, und heute findet man im Gottesdienst vielleicht noch 20 Leute, manchmal an besonderen Tagen können es auch 50 sein. Und das ist schon ein trauriges Bild in dieser riesigen, riesigen Kirche.
Aber ich habe das vor allem auch gemeint im Vergleich zu den Gottesdiensten, die ich in Tansania miterlebt hatte. Denn das waren wirkliche Feiern. Die Kirchen sind gestoppt voll. Und Pfarrer, wie ich dort erlebt habe, die habe ich in Deutschland einfach nicht gesehen. Das sind Menschen, die kommen rein, beginnen die Predigt erst mal mit einem Witz, um die Aufmerksamkeit zu haben, und dann erzählen sie ein Alltagserlebnis, und dann erst kommen sie auf das Gleichnis, und dann erst kommen sie auf die Moral. Und wenn wir solche Menschen in einer deutschen Kirche hätten, und das meinte ich, sie brauchen einen Missionar, dann wäre auch hier wirklich was zu machen. Wenn ich in Deutschland in einem Gottesdienst bin, und das war ein Reformationsgottesdienst, also eigentlich ein Freudengottesdienst , und schon wieder geht es um Schuld… um Undankbarkeit dem Leben gegenüber, um Egoismus, und das ist alles eine Ansprache, die möchte ich gar nicht haben. Und in Tansania hab ich gesehen, dass man aus einem Gottesdienst rausgehen kann und voller Kraft und Freude ist und die Frage, die ich mir stellte ist, geht das hier nicht?“
Geht‘s oder geht‘s nicht, lieber Herrmann Schulz? Wie könnte Mission heute im säkularen Deutschland aussehen? Sie sind in ihrer Kindheit mit Fragen nach ihrer Jesusliebe regelrecht gepeinigt worden. Nie wieder darf Mission in dieser Weise zugelassen werden, haben sie mir gegenüber oft geäußert. Doch was bleibt Ihnen, dem Missionarssohn, wichtig an den großen Themen des Christentums?
Schulz: „Also ich denke, den einzelnen zu befähigen sein Leben zu erkennen, seine Bestimmung zu erkennen, was habe ich hier verloren auf dieser Erde, warum hat Gott mich hierhin gestellt. Und dem einfach zu folgen, ohne abhängig zu werden von Ideologien. Ich habe mich versöhnt mit dem Beruf meines Vaters, weil ich gemerkt habe, dass er genau das vermittelt hat, dass Menschen selbständige, selbstbewusste Existenzen wurden als Lehrer. Und heute der Boy meines Vaters, dessen Enkelkind ist heute Bischof der Region, man muss sich das mal vorstellen. Und ich habe ihn besucht, und er sprach so wunderbar von meinem Vater und ich muss sagen, das ist etwas Bleibendes. Und das ist etwas, was mich auch ein bisschen stolz macht.“
Die großen Missionswerke in Leipzig und Neukirchen, die Ihre Verwandten nach Afrika ausgesandt haben, stammen aus dem 19. Jhd. Damals gehörte für viele Menschen in Deutschland der christliche Glaube noch zum „guten Ton“, obwohl sich in diesem Jahrhundert der Industrialisierung die Arbeiterklasse mehr und mehr vom Glauben entfernte, sich in den Predigten nicht vorkommen sah. Damals begann der Niedergang der Volkskirche. Er ist heute überall in Deutschland spürbar. Wie sehen Sie das, lieber Urenkel von Bruno Gutmann? Ist Glaube heute noch on oder eher off?
Prüfer: „Also ich glaube, dass Glaube auf der einen Seite unglaublich off ist, aber es ist durch nichts anderes ersetzt worden. Also meine Generation hat ein großes schwarzes Loch in der Seele. Und sie sehen das, wenn sie mal in Berlin Kreuzberg in eine Yogaklasse gehen. Sie finden da mit ihrer Matte kaum noch Platz, weil die alle dort irgendeinen Trost, eine Spiritualität, eine Verbundenheit mit etwas Großem suchen, was man aber nicht mit ner Mitgliedskarte finden kann. Die Kirche sind die Menschen, die dort rein gehen. Wenn wir beide uns zusammensetzen und zusammen glauben und darüber reden, dann sind wir die Kirche. Und nichts anderes kann einem Freude verschaffen im Leben, als der Glaube an sich selbst, der Glaube an das Leben, der Glaube an andere Menschen und die Verantwortung, die man für andere Menschen übernimmt. Und das ist das, was im Grunde Bruno Gutmann gemacht hat und was auch Mission ist.“
Unser Gespräch geht zu Ende. Es hat mit Freude gemacht. Und ich habe sowohl in Ihren Büchern, als auch hier bei unserem gemeinsamen Nachdenken viel Leidenschaftliches in Ihnen entdeckt, was ich mit den Missionaren in Ihrem Stammbaum gut zusammenbringen kann. Entdecken Sie selbst auch etwas in sich, was sie als geistiges Erbe vom Vater oder vom Urgroßvater gern angenommen haben?
Schulz: „Mir ist erst spät klar geworden, dass tatsächlich sehr viel vermittelt worden ist bei all meinen Geschwistern und bei mir, nämlich das ganze Leben lang sich zu engagieren für irgendwelche positiven Dinge, sei es die dritte Welt Problematik, sei es vor Ort um Altenpflege und dergleichen. Ich denke das ist ein unausgesprochener Gehorsam dem Vater und der Mutter gegenüber, die erwartet haben: macht was aus Eurem Leben und tut etwas, was die Gesellschaft vielleicht ein kleines Stück voran bringt.“
Prüfer: „Mein Urgroßvater war ein großer Weihnachter. Er stammt ja aus dem Erzgebirge, wo es diese gigantische Weihnachtstradition gibt. Er selbst hat in seinem Häuschen im Advent das ganze Wohnzimmer mit Moos ausgelegt und Krippenfiguren hineingebaut und ein richtiges Weihnachtswunderland dort aufgebaut. Und er hat auch Weihnachten in der Mission sehr stark verwendet. Er hat emphatisch mit den Leuten dort Weihnachten gefeiert, und damit auch die Freude des Christentums sehr plastisch gemacht. Und das ist etwas , was mich – ich glaube – mit meinem Urgroßvater verbindet, denn eine Weihnachtskrippe aufzubauen macht mir selbst großen, großen Spaß. Und auch ich gehe weite Strecken, um dafür Moos zu finden. Und das ist in Berlin Mitte gar nicht so einfach.“