Ringen um die Wahrheit – Shakuntala Banerjee

Morgenandacht
Ringen um die Wahrheit – Shakuntala Banerjee
31.08.2020 - 06:35
31.08.2020
Titus Reinmuth
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Autor: Was ist Wahrheit? fragt schon Pontius Pilatus im Johannesevangelium. Jesus von Nazareth steht vor ihm und soll verurteilt werden. Als Christ interessiert mich, wie die Gesellschaft heute mit Wahrheit umgeht. Und welche Rolle Glauben und Religion dabei spielen. Ich spreche mit Shakuntala Banerjee. Die Frau mit dem klangvollen Namen ist stellvertretende Leiterin des ZDF-Hauptstadtstudios und Moderatorin von  „Berlin direkt „. Wenn Christian Lindner oder Annalena Baerbock zum ZDF-Sommerinterview kommen, stellt sie die Fragen.

O-Ton 1: Das liegt mir. Das liegt in meiner Natur. Ich habe auch mal eine Zeit lang gesagt, ich werde jetzt dafür bezahlt, dass ich neugierig bin. Und was kann es Schöneres geben?

Autor: Geboren und aufgewachsen ist Shakuntala Banerjee in Mönchengladbach-Rheydt. Die Mutter evangelisch, der Vater Hindu, Abitur an der Bischöflichen Marienschule Mönchengladbach.

O-Ton 2: Wenn ich mir jetzt anschaue, wo ich heute als Journalistin bin, und in welchen Zeiten wir uns bewegen, dann muss ich sagen: Natürlich treibt mich auch an, meinen Beitrag dazu zu leisten, dass wir in der gesellschaftlichen Kommunikation sachlich und ehrlich miteinander umgehen.

Autor: Und das ist gar nicht so einfach heutzutage. In den sozialen Medien, auf twitter, facebook und anderswo kann jeder seine Meinung laut und vor allem öffentlich äußern. Das hat etwas verändert, manchen macht das Angst.

O-Ton 3: Es gibt eine stärkere Polarisierung, weil eben in den sozialen Medien sehr viel stärker auch Meinungen verbreitet sind. Auf der anderen Seite, und das ist etwas, was ich extrem positiv finde, findet eben auch mehr gesellschaftliche Kommunikation statt. Es gibt sehr viel mehr Platz für einen viel breiteren gesellschaftlichen Austausch.

Autor: Und wie geht eine Journalistin um mit so vielen Nachrichten, Meinungen und Kommentaren? Muss sie zum Beispiel immer neutral bleiben?

O-Ton 4: Wir sind nicht zu Neutralität verpflichtet, obwohl das zur Zeit von der Gesellschaft, vor allem von denjenigen, denen unser Programm nicht gefällt, sehr oft gefordert wird. Wir sind dazu verpflichtet, wahrhaftig und sachlich zu berichten, überparteilich zu sein und Objektivität an den Tag zu legen.

Autor: So bemüht sich die Journalistin Nachrichten nicht nur neutral wiederzugeben, sondern auch einzuordnen, zu bewerten, zu verstehen. Immer sachlich und immer mit Respekt für die andere Person. Was aber, wenn sich auf facebook oder sogar in der eigenen Sendung jemand offen extremistisch äußert?

O-Ton 5: Wenn ich als Journalistin dort sitze, und jemanden mir gegenüber habe, der sich offen antidemokratisch äußert, muss ich das so kritisch hinterfragen, und so deutlich klarstellen, dass es für unsere Zuschauerinnen und Zuschauer auch klar wird.

Autor: Sachlich und ehrlich miteinander umgehen. Eine offene, demokratische Auseinandersetzung führen. Shakuntala Banerjee beschreibt als ihre Grundhaltung...

O-Ton 6: ... dass wir die Würde des Menschen, die Freiheit des Menschen fördern und wahren sollen. (...) Dass wir Vielfalt in der Gesellschaft darstellen, dass wir den Zusammenhalt in der Gesellschaft fördern.

Autor: Die Würde achten, die Freiheit fördern, das sind auch evangelische Themen. Dafür trete ich als Christ in der Gesellschaft ein.

O-Ton 7: Und das geht für mich eben alles zurück auf den grundlegenden Respekt vor anderen Menschen. Und den grundlegenden Ansatz, sich (...) versöhnlich einander zu nähern, offen, versöhnlich, unvoreingenommen.

Autor: Danach gefragt, was diese Haltung bei ihr von klein auf geprägt hat, spielt wohl auch die Religion eine Rolle.

O-Ton 8: Ich bin tatsächlich in meinem Elternhaus auf der einen Seite mit der evangelischen Religion groß geworden, durch meine Mutter, auf der anderen Seite durch meinen Vater mit Hinduismus. Ich interessiere mich sehr für Religionen, ich habe da immer eine große Neugier gehabt, ich habe mir evangelischen Unterricht angeschaut, ich habe mir den katholischen Religionsunterricht angeschaut in der Schule, habe beides gemacht, weil mich das tatsächlich auch bewegt. Die Frage, wie gehen wir als Menschen um mit den letzten Fragen, die wir nicht wirklich beantworten können?

Autor: An die Kirchen und Religionsgemeinschaften richtet Shakuntala Banerjee ziemlich klare Erwartungen, nämlich...

O-Ton 9: ... dass sie ihre Stimme erheben für Zusammenhalt, für Verständigung, für die Würde des Menschen. Ich habe unterschiedliche Religionen so kennen gelernt, dass das eigentlich der Kern aller Religion ist, die ich kenne, dass Nächstenliebe zum Beispiel wichtig ist und sogar auch Feindesliebe wichtig ist. Ein Umgang mit der Frage: Wer sind wir, was ist richtig und wie können wir uns aufeinander zu bewegen?

31.08.2020
Titus Reinmuth