Der Lebensrahmen

Wort zum Tage
Der Lebensrahmen
(Epheser 5)
22.04.2021 - 06:20
15.04.2021
Angelika Scholte-Reh
Sendung zum Nachhören
Sendung zum Nachlesen

Bei einer Hochzeit will das Brautpaar die Erinnerung an die Menschen, die den Tag mit ihnen feiern, bewahren. Sie bitten alle, ein Photo von sich in einem Bilderrahmen machen zu lassen. Die Gäste können sich entscheiden: will ich mich in einem schlichten Holzrahmen darstellen, in einem vergoldeten Rahmen mit vielen Schnörkeln oder in einem großen roten Herz, bin ich allein in dem Rahmen oder mit anderen? Ich selbst habe alle drei vor einem Spiegel auspro-biert und war überrascht, wie unterschiedlich ich mich jeweils wahrgenommen habe: Gerade und aufrecht in dem schlichten Rahmen, ein wenig verschämt in dem goldenen und mit einem warmen Lächeln in dem Herz. Offenkundig prägt ein Rahmen das, was darin zu sehen ist.
In welchem Rahmen möchte ich eigentlich mein Leben sehen? Wie soll der sein? Klar und schlicht, himmelblau, sonnengelb, goldleuchtend, verschnörkelt, mit Spuren der Zeit, mit Ecken und Kanten? Und welche Auswirkung wird dieser Rahmen auf mein Leben haben? 
Manchmal ist es gut, wenn jemand anders solche Fragen für mich beantwortet. Im Epheser-brief in der Bibel ist der Rahmen eine Einladung: „Nehmt euch also Gott zum Vorbild! Ihr seid doch seine geliebten Kinder. Und führt euer Leben so, dass es ganz von der Liebe bestimmt ist.“ (Epheser 5,1-2) Dieser Rahmen ist herzförmig und auf ihm steht: „geliebtes Gotteskind“. 
Als Jugendliche auf einem Kirchentag habe ich erlebt, wie eine Referentin zu uns Zuhörerin-nen sagte: „Schreib auf Deinen Spiegel: Ich bin schön, ich bin gut, ich bin liebenswert! Und dann stell Dich vor den Spiegel und sieh Dich an. Das bist Du! So sieht Gott Dich!“ 
Ich weiß noch, wie nachdenklich mich das gemacht hat. So soll ich auf mich selbst sehen? Ich habe es ausprobiert. Und tatsächlich. Nach den ersten Versuchen voller Scham habe ich ge-lernt, mich selbst wohlwollend anzusehen und neben all dem, was mir nicht gefiel, auch das Schöne und Gelungene zu sehen. Zugegeben: Es fällt mir bis heute schwer, nicht bei jedem Blick auf mich selbst zuerst das wahrzunehmen, was nicht perfekt ist. Dann erinnere ich mich und höre die Stimme Gottes, die das sagt: „Du bist mein geliebtes Kind!“ Und ich lächele mich selbst im Spiegel an und denke: „Ja!“ Und ich weiß: Auch die Menschen, die mir begeg-nen, sind geliebte Gotteskinder, für Gott der Liebe wert, wunderbar und einzigartig. Der Rahmen verändert, vielleicht nicht von jetzt auf gleich, ganz sicher aber langsam und stetig. Wer im Herzen spürt und das mit dem Verstand begreift, dass er oder sie geliebt ist, wird anders durchs Leben gehen und den Mitmenschen mit Liebe im Herzen begegnen. Dann ist Gott tatsächlich zum Vorbild geworden.
 

 

 

Es gilt das gesprochene Wort.

15.04.2021
Angelika Scholte-Reh