Isolation

Wort zum Tage
Isolation
08.04.2021 - 06:20
31.03.2021
Barbara Manterfeld-Wormit
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Ich lebe in einer wunderbaren Hausgemeinschaft – ein bunter Mix aus Jung und Alt, Hund und Katze, Klavier und Trompete. Im Fall der Fälle gibt es immer eine Tür, wo man klingeln kann. Man trifft sich zu einem zwanglosen Plausch auf dem Treppenabsatz oder einer Partie Doppel-kopf bei einem Glas Rotwein. Besser gesagt: Man traf sich. Seit die Pandemie in unser Leben getreten ist, ist das Leben in unserem Haus einsamer geworden. Dabei sind meistens alle da. Aber man begegnet einander kaum noch. Seltsam ist das, und immer öfter überkommt mich die Sehnsucht nach den Zeiten, wo es anders war.
Wir wohnen ganz oben im 4. Stock. Von oben nach unten geht es leicht. Ich nehme gerne zwei Stufen auf einmal und sehe: Unser Nachbar macht sich auch gerade auf den Weg! Ich will ge-rade einen schönen Tag wünschen - mein Nachbar sieht mich kommen, zuckt zurück und huscht sofort zurück in seine Wohnung. Zack - die Tür fällt ins Schloss. Wow – denke ich. Es ist nicht schön, gemieden zu werden. Verstehen tue ich meinen Nachbarn: Er ist schon älter und vermutlich noch nicht geimpft. Neue Vorsicht geht also vor alter Nachbarschaft.
Was macht die Pandemie mit uns? Sie stellt manche Werte auf den Kopf: statt Zuwendung ist Abwehr angesagt. Meinem Nächsten diene ich am meisten, wenn ich auf Abstand gehe. Zum Glück nur auf Zeit.
Auch die Jüngerinnen und Jünger Jesu gingen damals auf Tauchstation. Mieden die Gemein-schaft. Aus Angst vor Gefahr: Es war nicht ratsam, in der Nachfolge des Gekreuzigten gesehen zu werden. Doch dieser Zustand blieb nur eine Zwischenstation, eine Phase des Übergangs bis zur Rückkehr ins Leben. Nach der Begegnung mit dem auferstandenen Jesus beginnt eine neue Gemeinschaft, vielleicht vertrauter und fester als zuvor. Die Geschichte vom Weg nach Emmaus handelt davon: Jesus trifft zwei Jünger auf dem Weg in ein Dorf und begleitet sie. Unterwegs lässt er sich von den Ereignissen der Kreuzigung berichten, deutet sie. Am Ende können die Jünger nicht anders, als den Fremden einladen zu bleiben: HERR, bleibe bei uns! Sie öffnen die Tür. Jesus tritt ein und bleibt zum Essen. 
Eine wunderbare Geschichte in dieser Zeit. Ihr Ende lässt mich durchhalten. Mit den Worten der Jünger im Ohr, die zeigen, dass es eines Tages wieder vorbei sein wird mit der fehlenden Gastlichkeit. Dass Türen hoffentlich bald nicht mehr verschlossen bleiben, sondern wir sie öff-nen mit einer furchtlosen und einladenden Geste: Bleibe bei uns!  Komm rein! Die Zeit der Angst ist vorbei.
 

Es gilt das gesprochene Wort.

31.03.2021
Barbara Manterfeld-Wormit