Shalom – Salam – Friede!

Wort zum Tage

Gemeinfrei via Unsplash/ Florian Wehde

Shalom – Salam – Friede!
von Barbara Manterfeld-Wormit
26.01.2023 - 06:20
23.12.2022
Barbara Manterfeld-Wormit
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Vor kurzem war ich am Brandenburger Tor. Das kommt selten vor. Man ist ja in der eigenen Stadt nur selten als Touristin unterwegs. Es ist immer noch ein bewegendes Gefühl für mich, durch dieses Tor zu laufen: seine Pracht und Größe beeindrucken mich, die so vielfältige Geschichte wird wieder gegenwärtig an diesem Ort, Spuren zeugen noch von einer tödlichen Autofahrt in den ersten Tagen des neuen Jahres – all das spiegelt sich hier. Vor allem aber ist die Mauer nicht mehr da, die den freien Blick auf das Tor Jahrzehnte lang verstellte. Mit ihr bin ich groß geworden.

Als ich Kind war, kletterten die Eltern mit uns Kindern auf den Aussichtsturm. Wir sahen nach Osten durch das Tor. Wir sahen die Mauern und die Wachtposten. Wir wussten als Kinder: Dahinter lag der andere Teil der Stadt, in den wir nicht durften. Wir fanden das unheimlich. Wir hatten Angst. Als wir älter wurden, fanden Open Air Konzerte in der Nähe vom Brandenburger Tor statt: Barclay James Harvest, Pink Floyd, Genesis. Wir feierten und tanzten und wussten: Ein Teil der Töne würde die Mauer überwinden und auf der anderen Seite würden Jugendliche mitfeiern. Ein Gefühl der Verbundenheit mit Nachbarn, die wir nicht kannten.

Heute ist das Tor offen. Immer noch ein Wunder für mich. Der Blick ist frei. Die Menschen ziehen hindurch. Es gibt keine Grenze. Es gibt keine Angst. Das Tor ist zum Symbol der Freiheit geworden.

Das Brandenburer Tor birgt auch ein paar Räume links und rechts in den Säulen. Einer davon ist für die Öffentlichkeit zugänglich. Es ist der sogenannte Raum der Stille. Dort kann man einkehren, Platz nehmen, ein paar Minuten Ruhe finden vor dem Trubel und dem Treiben der Großstadt. Vor wenigen Tagen haben wir hier einen besonderen Gottesdienst gefeiert. Er wurde im Radio übertragen. In der Mediathek vom Deutschlandfunk kann man ihn nachhören: Juden, Christen und Muslime haben dort gesungen und gebetet. Sie haben über Wege zum Frieden gesprochen und diesen Frieden gelebt. Ich bin an diesem Tag voller Hoffnung durch dieses Tor gegangen. Und ich möchte Ihnen davon erzählen in einer Zeit, in der die Hoffnung auf Frieden klein und erschüttert ist.

Das Tor ist offen. Ein Zeichen, das Dinge möglich ist, auch wenn vieles dagegen zu sprechen scheint. Frieden ist möglich – im Kleinen und im Großen. Frieden wünsche ich Ihnen bei allem, was sie heute tun und erleben: Frieden - Shalom – Salam!

Es gilt das gesprochene Wort.

23.12.2022
Barbara Manterfeld-Wormit