Solidarität hilft Heilen

Wort zum Tage

Gemeinfrei via Unsplash/ Ante Gudelj

Solidarität hilft Heilen
mit Ulrike Greim
24.02.2022 - 06:20
11.01.2022
Ulrike Greim
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Es war diese Pressekonferenz, neulich, zum Missbrauchsskandal von Bergisch Gladbach. Es war vor allem dieses tiefe Erschrecken in den Gesichtern der Ermittelnden, das gezeigt hat, um welches Ausmaß es hier geht. Nicht nur die Zahlen, auch wenn die erschütternd genug sind – 493 Tatverdächtige, ein weites Online-Netzwerk dahinter, 65 Kinder sind allein aus aktiven Missbrauchssituationen befreit worden. Es habe „die Grenzen des Erträglichen gesprengt“, hatte der leitende Ermittler gesagt. Wer braucht da noch die Details. Bitte nicht. Es war deutlich genug: Hier haben welche in den Abgrund geblickt.

Und in dem liegen Kinder.

 

Welche Chance haben diese Kinder, je ein normales, ein gesundes Leben führen zu können? Eine eigene Sexualität zu entwickeln, partnerschaftlich, lustvoll, jenseits aller Gewalt? Haben sie eine Chance, je heil werden zu können? Und nicht gefangen zu bleiben in den Fesseln der Täter wie ein Gelähmter im Streckgips?

 

Realistisch gesehen muss man angesichts solcher Geschichten verzweifeln.

Es sei denn, wir alle werden hier wach und aktiv. Jeder nach seinen Möglichkeiten.

So, wie in der Geschichte des Hauptmannes von Kapernaum.

 

Als Jesus nach Kapernaum kommt, so heißt es bei dem Evangelisten Matthäus, tritt ein Hauptmann an ihn heran und sagt: Zuhause liegt mein Knecht, der ist gelähmt, der leidet große Qualen. Jesus will zu ihm. Der Hauptmann sagt, ich bin gar nicht würdig, dass du zu mir kommst, ich gehöre eigentlich zu einer anderen Fraktion. Aber bitte sprich nur ein Wort, dann wird er gesund. Jesus ist beeindruckt und sagt: „Geh! Es soll dir geschehen, wie du geglaubt hast. Und in derselben Stunde wurde sein Diener gesund.“ (Mt 8,13)

 

Es ist die unbedingte Solidarität des Hauptmanns, die sofort beim Heilen hilft. Dass hier einer aktiv wird, das Leid sieht, ernst nimmt und Hilfe organisiert. Dass er die Verbindung herstellt, das Opfer nicht allein lässt. Und dass er Heilung für möglich hält.

Viele am Leben Verletzte ahnen nicht einmal, dass es Heilung geben kann.

Dann ist es Gold wert, wenn ein anderer stellvertretend an Heilung glaubt. Wunder für möglich hält. Das können Leute in Uniformen sein. Leute aus der Familie. Dienstvorgesetzte. Nachbarinnen, Lehrerinnen, Ärzte. Es ist egal, welcher Fraktion jemand angehört: Wir sind nicht ohnmächtig. Wir können uns einsetzen. Stellvertretend losgehen und Hilfe organisieren, wo immer uns Leid nahekommt. Das ist es, was der Heilung die Tür aufmacht.

Gottes Schutz und Segen wünsche ich allen, die die Täter hinter Gitter bringen.

Und viel Rückenwind denen, die den Kindern helfen, einen Weg der Heilung zu finden.

Und uns allen: Mut, den Mund aufzumachen.

Es gilt das gesprochene Wort.

 

11.01.2022
Ulrike Greim