Staunen und Segen

Wort zum Tage

Gemeinfrei via Unsplash/ Evi Radauscher

Staunen und Segen
von Evamaria Bohle
24.07.2023 - 06:20
03.07.2023
Evamaria Bohle
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Es ist eine kurze Geschichte: die von der selbstwachsenden Saat aus dem Markusevangelium. Sie verwebt das Alltägliche mit dem Staunen. Sie braucht keine komplizierten Worte. Sie ist vom Ackerrand her erzählt, Teil eines Gesprächs.

Erst kündigt Jesus an, es gehe um das Reich Gottes, aber dann redet er gar nicht über Gott, sondern über einen offenbar unfähigen Kleinbauern, der kostbares Saatgut einfach auf die Erde wirft. Schade, dass die Zwischenrufe der ersten Zuhörer es nicht in unser Jahrtausend geschafft haben. Kein Bauer, das wusste jedes Kind, wirft Saatgut einfach auf das Land und geht dann schlafen.

Und ins gutmütige Gelächter der Leute redet der seltsame Rabbi weiter, von dem was alle kennen und auf das jeder hofft, der je etwas gesät hat: Dass es wachsen möge. Halm und Ähre. Und dass später auch, was drin ist in der Ähre.

Dass die Saat aufgeht, dass sie reift, ist lebenswichtig.  Wenn sie nicht wachsen würde, die Saat, was dann? Da wird es kurz still unter den Zuhörenden. Denn anders als wir wissen sie, was Hunger ist. Und dass keine noch so harte Arbeit garantiert, dass er nicht zurückkehrt, der Hunger. Essen zu dürfen ist nie selbstverständlich.

Es ist eben nicht nur Arbeit. Es ist immer wie ein Wunder, wenn unsere Saat tatsächlich aufgeht und der karge Boden grün wird. Jeder Halm ein Trost für die Augen, ein Versprechen für den Magen. Die Hoffnung trägt Grün und geht doch Hand in Hand mit der Sorge: Ob in diesem Jahr alle satt werden?

„Der Same geht auf und wächst, man weiß nicht wie“, sagt Jesus. - Es ist lange her, dass die Geschichte erzählt wurde. Vom Reich Gottes, das man nicht herbeiarbeiten kann, sondern das wachsen will. Fast 2000 Jahre. Trotzdem sitzen wir recht nahe bei den galiläischen Kleinbauern:  

Wie sie, haben viele noch nie vom Reich Gottes gehört. Wie sie wissen wir nur zu genau, dass von nichts nichts kommt. Und wir teilen die Erfahrung, dass wir es nicht wirklich in der Hand haben, ob unsere Arbeit Frucht trägt. Und vielleicht wissen wir sogar, auch wenn es nicht unsere Sprache ist, dass wir auf Segen angewiesen sind, wenn alles, alles gut werden soll. 

Die Jesusgeschichte von der selbst wachsenden Saat stützt diese Sehnsucht:  Weil es ohne Staunen nicht geht und wir alle Segen brauchen. Und weil sich das, was uns satt macht, etwas Anderem verdankt als unserer eigenen Kraft.

Es gilt das gesprochene Wort.

03.07.2023
Evamaria Bohle