Steinmetz

Wort zum Tage
Steinmetz
22.06.2015 - 06:23
31.03.2015
Pfarrer Ralph Frieling

Markus ist Steinmetz. „Steine für eine Treppe zu machen, ist schön“, sagt er. „Aber Steine für eine Kirche zu hauen, ist genial.“ Markus hat einen besonderen Blick auf die 800 Jahre alte, romanische Hallenkirche in unserem Dorf in Westfalen. Er weiß alles über Steine, auch über den grünen Sandstein aus der Soester Börde, aus dem die Kirche im 13. Jahrhundert gebaut wurde. Seit seiner Ausbildung liebt Markus die alten Kirchen. Seine eigenen Lieblingsstücke: eine Kapitellblume, die er für die Dresdner Frauenkirche gehauen hat. Jeder Stein, den er für die gotische Wiesenkirche in Soest gemacht hat in seiner Zeit an der dortigen Bauhütte. Zudem sein persönliches Maßwerkfenster aus Grünsandstein, das er für seine Ausstellung einfach mal so gehauen hat.

 

Sein Beruf ist uralt. Bei allen modernen Methoden, die Markus in seiner Werkstatt anwendet und entwickelt, fühlt sich der Steinmetz und Restaurator, was Kirchen angeht, seinen Kollegen früherer Jahrhunderte verbunden. Nicht nur wegen der alten Steine, sondern wegen der Einstellung: Was ich tue, ist nicht nur für mein Einkommen, sondern für eine große Sache.

 

Eine alte Geschichte erzählt: Als man das Münster zu Freiburg baute, fragte man drei Steinmetzen nach ihrer Arbeit. Der eine saß und haute Quader zurecht für die Mauern der Wand. „Was machst du da?“, fragte man ihn. Er antwortete: „Ich haue Steine.“ Ein anderer mühte sich um das Rund einer kleinen Säule für das Blendwerk der Tür. „Was machst du da?“ Er sagte: „Ich verdiene Geld für meine Familie.“ Ein dritter bückte sich über das Ornament einer Kreuzblume für den Fensterbogen, mit dem Meißel vorsichtig tastend. Und auch hier die Frage: „Was machst du da?“ Die Antwort: „Ich baue am Dom.“

Dieser dritte Handwerker sieht seine Arbeit als Teil eines Ganzen. Markus sagt: „Es ist toll, so was für Gott machen zu dürfen!“

 

Natürlich geht es Markus auch um gefüllte Auftragsbücher und um ein Auskommen für die Familie und die Firma. Eine 70-Stundenwoche ist da keine Seltenheit.

 

Umso mehr genießt er die ruhigen Momente, wenn er mit seinem Werkzeug an einem Stein arbeitet, das ist für ihn wie Meditation. Und er schätzt es, als Ausbilder für Restauratoren im Handwerk sein Wissen und seine Begeisterung weiter zu geben.

 

Diese Begeisterung lässt nicht nach. „Wenn ich mit Steinen arbeite, die 160 Millionen Jahre alt sind, und ich bin nur 38 Jahre alt, dann weiß ich, dass ich auf der Welt nur Gast bin“, sagt er.

 

Wenn Markus ganz viel Zeit hätte, würde er am liebsten alles, was es wert ist, in Stein hauen, sorgfältig und mit leichter Hand. So wie er es mit dem Konfirmationsspruch seiner Tochter vorhat: „Nun bleiben Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei. Und die Liebe ist die größte unter ihnen.“ (1. Korintherbrief 13,13)

31.03.2015
Pfarrer Ralph Frieling