Das Wort zum Sonntag: "Mit Christus Brücken bauen"

Das Wort zum Sonntag: "Mit Christus Brücken bauen"
Pfarrer Gereon Alter
31.05.2014 - 22:05

Mit Christus Brücken bauen

 

Der 99. Katholikentag in Regensburg. „Mit Christus Brücken bauen!“ – Manche werden jetzt erwarten, dass ich Ihnen von den Highlights berichte. Von den großen Gottesdiensten und Konzerten, den prominent besetzten Podien und der wunderbaren Atmosphäre hier in der Regensburger Altstadt.

 

Aber mich bewegt gerade etwas völlig anderes. Es ist dieses seltsame hölzerne Gefährt. Die meisten sagen: „Ach, guck mal, ein trojanisches Pferd!“ Aber schauen Sie mal etwas genauer hin: ist kein trojanisches Pferd, es ist ein trojanischer Esel. Also kein Kriegsgerät, mit dem sich Menschen hinterhältig in die Stadt einschleichen, um sie gewaltsam einzunehmen, sondern eher ein Symbol der Bescheidenheit und des Friedens. Jesus ist bescheiden auf einem Esel geritten, um den Menschen zu sagen: Ich komme in einem Geist des Friedens zu euch.

 

Den Anstoß zu dieser kleinen Aktion hat die Münchner Performance-Künstlerin Dorothea Seror gegeben. Sie hat diesen Esel gebaut - zusammen mit Menschen, die (wie man so schön sagt) „am Rande der Gesellschaft“ leben. Ein Hartz-IV-Empfänger war dabei, eine Obdachlose und ein Jugendlicher mit „ungünstigen sozialen Dispositionen“. Früher hätte man von einem schwierigen oder verhaltensauffälligen Jugendlichen gesprochen.

 

Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben. Sie also haben diesen Esel gebaut und ziehen ihn nun mitten durch die Regensburger Altstadt und das bunte Katholikentagsgewühl. Und schauen Sie, was passiert: Passanten bleiben neugierig stehen; fragen nach, was das Ganze zu bedeuten hat; die Drei erzählen von ihrem Projekt, es entwickeln sich Gespräche; es entsteht Kontakt. Die, um die sich doch eigentlich Fachleute kümmern und für die es entsprechende Einrichtungen gibt, sind auf einmal mitten drin. Die, mit denen du normalerweise nichts zu tun hast, begegnen dir plötzlich auf Augenhöhe.

 

Und mit einem Mal entdeckst Du etwas, was keine Diskussion und kein noch so prominent besetztes Podium dir vermitteln können: wie schön es ist, einem anderen Menschen ohne Vorurteile zu begegnen. Ohne all die fest gefügten Vorstellungen, die wir unseren Köpfen tragen: normal – nicht normal, am Rande der Gesellschaft – in der Mitte der Gesellschaft … Stattdesssen einfach eine lebendige Begegnung von Mensch zu Mensch.

 

Ich habe die drei Eselbauer in den vergangenen Tagen etwas näher kennen gelernt. Ingrid, Sebastian und Walter. Die Drei sind mein persönliches Katholikentagshighlight. Während ich mir den Kopf zerbrochen habe, was ich Ihnen zu dem frommen Motto dieses Kirchentages sagen könnte – „Mit Christus Brücken bauen“ – haben die Drei längst eine Brücke zu mir gebaut. Und ich musste nichts anderes tun, als offen zu sein. Offen für eine lebendige Begegnung.

 

„Mit Christus Brücken bauen“ – das ist für mich kein moralischer Appell, doch nun endlich mal was für die Armen und Randständigen zu tun. „Mit Christus Brücken bauen“: das ist etwas, mit dem ich beschenkt werde, wenn ich meine Vorurteile überwinde und mich einem anderen Menschen öffne – mag er auch noch so anders sein als ich.