Der Fall Maaßen

Der Fall Maaßen
Pastorin Annette Behnken
22.09.2018 - 23:35
12.01.2018
Annette Behnken

Hochschlafen war gestern. Heute wird man hochentlassen. Oder: Noch zwei Fehltritte und Maaßen wäre Bundeskanzler. So sah es bis gestern Nachmittag aus. Und dann: Vollbremsung! Oder: vermutliche Vollbremsung. Jetzt ist wieder offen, was in der Sache Maaßen passiert.

Wie konnten die Entscheider auch nur im Ansatz daran denken, dass sie mit der irrsinnigen Hochentlassung des Verfassungsschutzchefs durchkommen?

Was mich ärgert ist, dass es scheinbar nur um machtpoltische Strategie geht. Ich weiß, es geht nicht ohne. Wenn aber die Machtpolitik das beherrschende Prinzip wird und grundlegende Werte wie Glaubwürdigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Gerechtigkeit und Vertrauenswürdigkeit hinten runterfallen, ist was faul. Das Gefühl von "die da oben machen eh was sie wollen“, heute hüh, morgen hott - so setzt sich das noch mehr fest. Die Folge: populistische Parteien am rechten Rand bekommen noch mehr Zustimmung. So weit, so fatal.

In der letzten Woche war ich in einem Kloster und bin immer noch beeindruckt von den Frauen, die da leben. Toughe Nonnen. Vorbilder. In ganz vielen Dingen. Vor allem in einem, das nicht nur in der Affäre Maaßen offensichtlich aus der Mode gekommen ist: Demut. Was ich da im Kloster erlebt habe, ist eine Demut, die nichts mit Unterwürfigkeit oder Duckmäusertum zu tun hat. Sondern wirklich mit Mut. Dem Mut, sich in den Dienst einer größeren Sache zu stellen. Einer Gemeinschaft, eines Ideals, eines Lebens- oder Glaubensweges.

 „Mut zur Demokratie brauchen wir jetzt mehr, denn je“, sagt der Bundespräsident. Diesen Mut, sich in den Dienst der Gemeinschaft zu stellen, den erwarte ich von Verantwortlichen und Politikern. „Wer unter euch am größten ist, soll euer Diener sein“ heisst es in der Bibel. Offenbar war das schon immer schwierig. Aber im Fall Maaßen wäre ein deutliches Signal in diese Richtung notwendig.

Mir ist klar, dass es naiv ist, sich hier hinzustellen und zu sagen „die da oben“ sollten jetzt mal demütiger sein. Aber genau das denke ich. Und wenigstens möchte ich eine Lanze brechen für diese Urtugend: Demut. Dafür, ihr Platz einzuräumen im eigenen Leben. Wie großartig wäre es, wenn aus diesem altmodischen Wort eine angesagte Lebenshaltung würde. Wenn die heilsame und revolutionäre Kraft der Demut wirksam werden könnte, die oben und unten und Macht und Ohnmacht nicht kennt, weil sie das Gemeinsame im Blick hat. „Wer unter euch am größten ist, soll euer Diener sein“.

12.01.2018
Annette Behnken