Erhalt der Schöpfung

Erhalt der Schöpfung
Es gibt eine neue Hoffnung, wenn man Scheuklappen ablegt
21.06.2015 - 01:10
22.04.2015
Pastorin Annette Behnken

Was die Milch in meinem Kaffee mit meinem Glauben zu tun hat. Das ist mir vorgestern noch mal klargeworden und zwar durch den Papst. Der hat sehr deutlich auf den Punkt gebracht, wie das alles zusammenhängt. Das, was ich tue mit der weltweiten Armut und dem Zustand unseres Planeten. Mein Handeln hat globale Wirkung. Wie viel ich mit dem Auto fahre. Welchen Strom ich nutze. Wie viel Fleisch ich esse. Und vor allem, welches.

Das ist nicht neu. Aber so deutlich, wie der Papst  es jetzt in seinem Lehrschreiben, seiner Enzyklika zum Thema Umwelt schreibt - Politik und Wirtschaft anprangert - und uns bei unserer Verantwortung packt - mit drastischen Worten, aus seinem Glauben heraus und aus tiefster Überzeugung - das hat Wirkung.

 

Hier bei uns kommt von evangelischer Seite große Zustimmung. Die Schöpfung bewahren - ein großes ökumenisches Anliegen - und als evangelische Pastorin finde ich es großartig, wie eindeutig der Papst Partei ergreift. Wie ernst er es meint. Weil es ernst ist.

 

Kritiker gibt‘s auch, klar. Die Enzyklika ist ein Frontalangriff auf die Umwelt- und Wirtschaftspolitik vieler Länder. Und das ist gut so. Energiekonzerne, Agrargiganten, Banken - sie fürchten um ihre Umsätze. Ihr Programm ist am Wachstumsoptimismus ausgerichtet. "Immer weiter. Immer mehr "- ein Modell, das eben nicht „Wohlstand für alle“ bedeutet, sondern eine „Katastrophe für die Mehrheit“, so sagt es der Papst.

Weil dieses Modell einen großen Teil der auf diesem Planeten lebenden Menschen ausschliesst. Nicht an die zukünftigen Generationen denkt. Rohstoffe ausbeutet. Und den Klimawandel sehenden Auges in Kauf nimmt.

 

Die Folgen, längst spürbar und sichtbar, nicht so sehr für uns, aber ausgerechnet für die armen Teile der Weltbevölkerung: Dürre, Überschwemmungen, Hunger, Flucht. Die leiden unter der Energieverschwendung der Reichen. Wir nicht! Dem Stöhnen der Erde, schließe sich "das Stöhnen der Verlassenen der Welt" an, so sagt es Papst Franziskus und spricht von der "ökologischen Schuld" durch den "enormen Konsum einiger reicher Länder".

 

Das Problem ist, dass es uns egal ist. Überschwemmungen in Bangladesh. Abholzung des Regenwalds. Ozonloch. Weit weg. Sehr abstrakt.

 

Morgen früh, am Frühstückstisch, da ist es nicht mehr abstrakt. Da kann ich jeden Morgen neu entscheiden. Und sei es nur die kleine Entscheidung, welche Milch ich in meinen Kaffee tue. Die, die ein bisschen mehr kostet, von der die Milchbauern vor Ort aber leben können. Oder die billige, vom Großbetrieb, der die Preise drückt und die wahnwitzige Idee von immer mehr Wachstum mitmacht  - und damit die kleinen, gesunden Strukturen vor Ort zerstört. Was das mit all dem zu tun hat? Es ist eine winzige Entscheidung, jeden Morgen, wenn ich meinen Kaffee trinke. Eine, mit der ich an einem winzigen Rad drehe, das aber verzahnt ist mit dem ganzen, kranken System. Und deshalb wirkt. Mein Handeln hat globale Wirkung.

 

Das allein reicht nicht. Aber es ist ein Anfang. Und ich bin ja auch nur eine, ja. Jeder von uns ist nur einer. Zusammen sind wir ein Schwarm. Der gerade starken Rückenwind bekommt, vom Papst. Ganz egal, welchen Glaubens einer ist, ob religiös oder nicht. Ob ich die Erde als eine wunderbare Schöpfung Gottes sehe oder als einen in den Weltraum geworfenen Zufall. Sie ist schützenswert. Aus diesem Glauben, dieser Überzeugung können wir entscheiden und handeln.

 

 

22.04.2015
Pastorin Annette Behnken