Heimat - du gehörst dazu!

Heimat - du gehörst dazu!
Pastoralreferentin Verena M. Kitz
10.10.2015 - 23:50

Ich glaube, selten hat eine ARD-Themenwoche so genau in die Stimmung im Land gepasst wie in diesem Jahr: Das Thema „Heimat“  ist durch die vielen Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, ganz aktuell geworden.  Viele Menschen haben hier in der ARD erzählt, was Heimat für sie bedeutet, wonach sie riecht und wie sie klingt. Bewegende und anrührende Geschichten von verlorener Heimat und wie Menschen eine neue Heimat gefunden haben. Vielleicht haben Sie auch angefangen wie ich nachzudenken: Was bedeutet Heimat für mich?

Ich habe bei dem Wort Heimat erst mal an meine Großtante denken müssen: „Ach ja, die Heimat!“, das hat sie immer auf so eine ganz bestimmte, etwas wehmütige Art gesagt, sie stammte aus Schlesien. Dann habe ich natürlich meine eigene Kindheit gedacht, meine Omas, unser Zuhause in der Großfamilie. Aber Heimat, das ist mir gerade noch mal durch die vielen Menschen, die hier Schutz und Heimat suchen, klar geworden: Heimat ist  viel mehr als ein wehmütiges oder wohliges Gefühl.  

Eine Heimat haben, bedeutet für mich zu spüren: Ich gehöre dazu. Ich bin angenommen, so wie ich bin.  Und das brauche ich zum Leben fast so nötig wie das tägliche Brot. Klar, zum nackten Überleben reicht Essen und  Trinken, ein Dach über dem Kopf und Schutz vor Gewalt. Aber auf Dauer gehört zur Heimat doch mehr:

Ich bin Gott sei Dank nie irgendwo vertrieben worden, musste nicht fliehen. Aber schon als ich nur in eine andere Stadt gezogen bin, weit weg von zuhause, habe ich gespürt: Allein mein Zimmer, das Essen im Kühlschrank reicht nicht - so dankbar ich dafür war und bin. Und ich war so froh, als sich nach und nach Freundschaften entwickelt haben und ich gespürt habe: Ich gehöre dazu, hier gibt es eine neue Heimat für mich.

Das finde ich so wichtig in der aktuellen Debatte rund um die Flüchtlinge. Natürlich müssen wir alle Kräfte dran setzen, die Ursachen von Flucht, die Kriege, die schreiende Ungerechtigkeit auf der Welt einzudämmen. Ich bin total dankbar für Menschen und Organisationen wie das „Quartett für den nationalen Dialog“ aus Tunesien, das in diesem Jahr den Friedensnobelpreis bekommen wird und sich dort für Dialog und Verständigung einsetzt. Das finde ich beispielhaft für unsere Welt.  Und deswegen müssen doch auch wir uns für den Frieden in unserem eigenen Land, unserer Heimat einsetzen. Der lebt doch davon, dass Menschen spüren: Ich gehöre dazu.

Viele machen sich jetzt Sorgen, ob wir das schaffen können. Und ja: Das ist eine Riesenaufgabe, und es verlangt von beiden Seiten viel: Von denen, die Schutz vor Verfolgung und Heimat suchen: Dass sie bereit sind, sich verbindlich einzulassen auf das, was uns hier in Deutschland wichtig ist, unsere Sprache, das, was wir als Recht und Gesetz im Lauf der Geschichte errungen haben. Und es verlangt von uns, die wir hier bisher schon unsere Heimat haben: Dass wir offen und engagiert zugehen auf die, die neu hergekommen sind.

Mir macht dazu auch mein Glaube Mut: Bei Gott haben alle Menschen eine Heimat, schon jetzt, nicht erst irgendwann. Wir sind wirklich Schwestern und Brüder, bei allen Unterschieden. Diese Erfahrung von Heimat braucht jeder Mensch. Und die können wir uns schenken, wenn wir uns gegenseitig spüren lassen: Du gehörst dazu.

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