ZDF-Gottesdienst aus Bautzen

ZDF-Gottesdienst aus Bautzen
Auf-gefangen in Gott
13.06.2010 - 08:30
20.02.2013
Von Stephan Fritz

Isoliert das Leben hinter Gittern zu verbringen ist Strafe, aber doch keine hoffnungslose Situation. Mindestens Gott gibt keinen von uns auf. Wenn diese Kirche reden könnte, hätte sie viel zu erzählen: von übervollen Gottesdiensten in der Zeit des sowjetischen Speziallagers, von einem Häftlingschor politisch Gefangener, für den gemeinschaftliches Singen Überlebenskraft war, von den Oktobertagen 1989, als hunderte Demonstranten von der Volkspolizei von der Straße weg in diese Kirche eingepfercht wurden. Wir sind dankbar, dass diese schlimmen Zeiten vorbei sind und wir heute hinter den Mauern mit Stacheldraht nicht ganz alleine sind.

 

"Die Straftaten sind oft furchtbar", sagt Pfarrerin Petzold, "die müssen verurteilt werden. Die Straftäter aber sind und bleiben Gottes Geschöpfe, die er nicht fallen lässt."Diese Überzeugung ist ein wichtiges Motiv für die kirchliche Seelsorgearbeit mit Straffälligen. Der Gottesdienst aus der Justizvollzugsanstalt Bautzen wird Einblicke in diese Arbeit geben. Häftlinge, Beamte und ehrenamtliche Mitarbeiter der Straffälligenhilfe werden an der Gestaltung ebenso mitwirken wie ein Projektchor, der jährlich unter anderem zu Weihnachten Konzerte für die Insassen gibt. Erstmals sind auch Angehörige der Häftlinge zum Gottesdienst eingeladen.

Im Zentrum des Gottesdienstes steht die Auseinandersetzung mit dem neutestamentlichen Gleichnis vom verlorenen Sohn und die manchmal schwierige Suche nach einer neuen Chance für Straffällige. Einen hoffnungsvollen Akzent setzt die Taufe eines Insassen der Haftanstalt, der sich in diesem Gottesdienst taufen lässt.

 

Dieser Gottesdienst ist der Teil der Fernsehgottesdienste im ZDF, die 2010 unter dem Motto „typisch Mensch“ stehen. Typisch menschlich ist es, sich selbst zu betrachten und Fragen nach sich selbst zu stellen. Die Antworten sind vielfältig und beschreiben ein weites Spektrum. Und oftmals ist der Mensch sich selbst das größte Rätsel.


Der christliche Glaube hält diese Spannung offen. Zum einen beschreibt er den Menschen als das Ebenbild Gottes, als sein Gegenüber und somit als ein Wesen von unendlicher Würde. Zum anderen weiß er aber auch um die Fehlbarkeit und Erlösungsbedürftigkeit des Menschen und bewahrt ihn damit vor Selbstüberschätzung. Insgesamt siebenundzwanzig evangelische Fernsehgottesdienste stellen sich existenziellen Fragen und laden die Zuschauer an Orte ein, wo die Kirche an der Seite von Menschen in ihren besonderen Lebenssituationen steht.

20.02.2013
Von Stephan Fritz