"Coventrieren". Ein Propagandawort der Nazis. Vor 85 Jahren zerstörten deutsche Bomber die Stadt und Kathedrale von Coventry. Aus den Trümmern entstand ein Symbol der Versöhnung.
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Über 500 deutsche Bomber warfen die ganze Nacht lang ihre Bombenlast ab. Schon um 20 Uhr stand die Kathedrale St. Michael’s in Flammen. Der damalige Dompropst Richard Howard versuchte eigenhändig, die Brände mit Sand zu löschen, musste aber wegen der andauernden Bombardierung bald aufgeben. Als einzige Kathedrale im ganzen Königreich wurde die aus dem 14. Jahrhundert stammende St. Michael’s-Kathedrale völlig zerstört.
Aus den ausgeglühten Nägeln der Dachkonstruktion formte man wenig später ein Kreuz. Als Symbol der ökumenischen Nagelkreuzgemeinschaft wurde das "Nagelkreuz" berühmt.
Heute Mittag, beim Coventry-Gebet in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin erzähle ich die Geschichte des Nagelkreuzes. Seit 1987 hat es seinen Platz in der Gedenkhalle in der Ruine des Alten Turms gefunden. Ich erzähle dann auch: Fast genau drei Jahre nach dem Angriff auf Coventry, im November 1943, ist die Gedächtniskirche von britischen Bombern zerstört worden.
Ich bin dann jedes Mal froh, dass ich noch mehr erzählen kann. Dass der britische Angriff auf Berlin nicht die Vergeltung für den deutschen Angriff auf Coventry und andere Städte in Großbritannien geblieben ist. Sondern dass daraus eine bewegende Geschichte echter Versöhnung wurde.
Richard Howard konnte die echten Brände in seiner Kathedrale nicht löschen. Aber mit seinem Engagement für Versöhnung versuchte er, dauerhaft einen Brand zu löschen, der in Menschenherzen nur allzu leicht zu entfachen ist: Den Hass und den Wunsch nach Vergeltung.
Er sagt schon kurz nach dem Angriff von 1940: "Die Kathedrale wird auferstehen, sie wird wiederaufgebaut werden und sie wird der Stolz der zukünftigen Generationen sein, so wie sie der Stolz vergangener Generationen war." Er hat damit recht behalten. Der Wiederaufbau der Gotteshäuser ist fertig. Aber Versöhnung ist und bleibt eine Aufgabe für Generationen.
Es gilt das gesprochene Wort.
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