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Die Sendung zum Nachlesen:
Vor kurzem hat sich eine Freundin von mir getrennt. Obwohl wir seit Jahrzenten miteinander verbunden waren, will sie mich nicht mehr sehen. Das tut weh. Und es fühlt sich irgendwie falsch an. Vor allem, weil ich letztlich nicht weiß, warum. Es kommt mir vor wie eine Niederlage.
Habe ich wirklich alles versucht, um diese Trennung zu verhindern? Sollten wir es nicht noch mal probieren? Gibt’s nicht doch einen Weg, sich zu versöhnen?
Versöhnung. Für mich als Christin gehört sie zum Glutkern meines Glaubens. Ich weiß, dass andere mir ständig das eine oder andere nachsehen, mir vergeben. Ich lebe davon, dass Gott mir vergibt. Dass Gott mir eine neue Chance gibt, auch wenn Andere mich festlegen auf das, was war. Deshalb lehrt Jesus seine Freunde zu beten: "Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern."
Und doch gibt es in der Bibel auch Geschichten von einem unversöhnlichen Jesus. Einmal sagt er zu seinen Freunden: Wenn ihr mit eurer Botschaft nicht erwünscht seid. Wenn in einem Dorf niemand etwas von der Liebe Gottes wissen will, dann geht. Und schüttelt den Staub von euren Füßen.
Ich glaube, es gibt ein grundlegendes Missverständnis in Sachen "Vergebung".
Was ich lange Zeit nicht sehen wollte, ist: Zur Vergebung braucht es immer zwei. Soll sich etwas ändern, dann müssen beide das wollen. Das, was meine Freundin will, das kann ich nicht herbeizwingen. Mein Drang zur Versöhnung endet dort, wo der Wille des Anderen anfängt.
Jesus hat das gewusst. Immer wenn er einem Kranken begegnet ist, hat er ihn nicht ungefragt geheilt. Immer hat er zuerst gefragt: Was willst du, dass ich dir tue? Willst du wirklich geheilt werden?
Versöhnung ist auch eine Art Heilung, die Heilung einer Beziehung. Und die ist nur möglich, wenn beide das wollen.
Eine Ehe, eine Freundschaft ist zu Ende, wenn nur eine Seite die Beziehung nicht mehr will. Sie ist zu Ende, wenn eine Seite nichts als den eigenen Standpunkt gelten lässt. Wenn nur einer sich ausschließlich als Opfer des Anderen erlebt und für das eigene Verhalten keine Verantwortung übernimmt. Dann ist Versöhnung nicht möglich. Und dann muss man sich fragen: Bleiben oder gehen? Aushalten und leiden oder aus dem Schmerz und dem Teufelskreis aussteigen?
Es gibt Konflikte, da ist Trennung der einzige Weg. Der einzige Weg, um eine Geschichte von ständigen Verletzungen zu beenden. Es ist der einzige Weg sein, sich selbst und den Anderen zu schützen und zu respektieren. Manchmal ist es besser, den Staub von den Füßen zu schütteln als in sinnloser Überzeugungsarbeit unterzugehen.
So gesehen sind Trennung und Versöhnung keine Gegensätze, die sich ausschließen. Im Fall meiner Freundin sehe ich inzwischen deutlich, wo wir uns festgefahren haben. Für einen Neuanfang wäre ich bereit, nicht aber, dort weiterzumachen, wo wir aufgehört haben. Ein Neuanfang ist nur möglich, wenn es anders weitergeht.
Durch meine Freundin habe ich gelernt: Eine Trennung tut weh, immer. Aber nach einer gewissen Zeit schenkt sie auch eine neue Freiheit. Und die Lebensenergie, die in sinnlosen Kämpfen verbraucht wurde, wird wieder frei. Durch den Abstand der Trennung habe ich inzwischen besser sehen können, was das Problem war zwischen uns. Und ich habe mich damit versöhnt, dass es so war, wie es war.
Ob es zu einem Neuanfang kommt, weiß ich nicht. Ich wäre bereit, es zu probieren. Vielleicht geht was. Versöhnung braucht einen langen, vielleicht lebenslangen Atem. Manchmal besteht sie nur darin, die Hoffnung nicht aufzugeben.
Es gilt das gesprochene Wort.