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Alles fängt an mit dem Wunder
Danke für das, was nicht schief, sondern gut ausgeht
18.11.2024 06:35
Schlechte Nachrichten verkaufen sich besser und halten länger. Umso wichtiger, im Auge zu behalten, was wider Erwarten und gegen alle Logik glimpflich oder sogar glücklich endet. 
 
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Alles fängt damit an. Mit dem Wunder. Auch diese Woche werden wieder ganz viele Wunder passieren. Aber Wunder sind flüchtig und leicht wie eine Feder. Ein Windhauch, und die Feder fliegt davon. Aber es ist heilsam, den flüchtigen Moment im Auge zu behalten.

Dass es mich gibt, ist ein Wunder. Mein Leben hätte eigentlich vor 50 Jahren zu Ende gehen müssen. Ich war damals Schülerin und auf dem Weg nach Hause. Es war spät, und ich wollte unbedingt noch meine Straßenbahn erwischen. Also rannte ich los über Straße und Bahngleis rüber zur Verkehrsinsel, wo gerade meine Bahn stand.

Aber da war noch eine Bahn. Versteckt hinter der anderen hatte sie schon Fahrt aufgenommen. Noch heute höre ich das Kreischen der Bremsen, Metall auf Metall. Spüre den Fahrtwind des vorbeidonnernden Metallkolosses auf der Haut, schaue in das entsetzte Gesicht des Fahrers. Dann war die Bahn weg, und ich stand zitternd auf der Verkehrsinsel, voller Scham über meine Unvorsichtigkeit.

Nie habe ich darüber geredet. Bis jetzt mit einer Freundin. Die sprudelte sofort los. Wie sie beinah in ein tiefes Bauloch gefallen wäre. Sie schaute beim Laufen nur mal kurz aufs Handy. Und hätte nicht eine Hand sie zurückgezogen, sie wüsste nicht, ob sie das überlebt hätte.

Ein Verwandter erzählte mir, wie er zu einer Routineuntersuchung zum Arzt ging. Ging - und nicht mit dem Fahrrad fuhr wie sonst. Dort angekommen beglückwünschte ihn sein Arzt, dass er zu Fuß gekommen ist. Eine Fahrt mit dem Rad hätte er nicht überlebt, so schlecht waren die Werte seines Herzens. Er kam ins Krankenhaus und hat überlebt.

Wunder sind flüchtig. Meistens geht es um Haaresbreite, um den Bruchteil einer Sekunde, um ein komisches Bauchgefühl. Wunder sind das Unwahrscheinliche. Sie passieren gegen alle Logik. Die Katastrophe ist das Wahrscheinlichere. 

Ob wir deshalb so auf Katastrophen fixiert sind? Katastrophenmeldungen bekommen viele Klicks. "Bad news are good news". Berichte über gelungene Projekte - etwa in der Pflege oder in der Stadtteilarbeit - haben einfach keine gute Quote, sagte mir eine Journalistin.

In meiner Kirche halten wir Gedenkgottesdienste, wenn Katastrophen passieren wie Flugzeugabstürze oder Überschwemmungen. Und wir fragen Gott: Warum?

Aber wie war das, als die Carolabrücke in Dresden eingestürzt ist? Es war wie ein Wunder, dass es in der Nacht passiert ist, als gerade kein Mensch auf der Brücke unterwegs war. Hätte es da nicht einen großen Dankgottesdienst geben müssen? Danke, dass viele Menschenleben bewahrt geblieben sind.

Und ich selbst damals als Schülerin, hätte ich nicht jubelnd nach Hause kommen und mit meinen Eltern Gott danken sollen, dass ich nicht von der Straßenbahn überfahren wurde, sondern leben darf?

Vielleicht fürchten wir uns vor der Dankbarkeit, weil sie den Schrecken des Wunders mit im Gepäck hat. Weil sie sich nährt aus der Erkenntnis: Wir haben nicht alles so unter Kontrolle, wie wir das gerne hätten. Wir sind im Grunde ziemlich zerbrechliche Wesen. Angewiesen auf Unwahrscheinliches gegen alle Logik, auf die helfende Hand zur rechten Zeit, auf ein Bauchgefühl, auf viele Schutzengel.

Wunder gibt es immer wieder. Aber eben auch nicht. Warum das so ist, weiß kein Mensch. Niemand kann das erklären, warum es den einen erwischt und die andere nicht. Über diese Ungerechtigkeit kann man mit Gott hadern. Man kann sich auf jede weitere Ungerechtigkeit stürzen und sich darüber aufregen.

Man kann aber auch an Wunder glauben. Und mit brennender Geduld darauf warten. Und sich bis dahin in Dankbarkeit üben.

Ich beherzige den Rat: Finde jeden Morgen fünf Dinge, für die du dankbar sein kannst! Weil man einfach entspannter in den Tag geht. Dankbarkeit ist bereits der Anfang eines neuen Wunders. Auch wenn draußen alles grau ist, Dankbarkeit färbt die Welt bunt.

In einem Psalm heißt es:

"Danket dem Herrn, denn er ist freundlich. Und seine Güte währet ewiglich." (Psalm 118)

Es gilt das gesprochene Wort.

 

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