Hält das? Das fragen sich manche, wenn sie ein Hundertwasser-Haus sehen – oder bei einer Eheschließung. Was ist das Geheimnis der Kunst, die trägt und hält?
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Keine geraden Linien, ein ziemliches Durcheinander, buntes Glas und Glitzer, knallbunte Farben, wilde Formen. Ein Haus von Friedensreich Hundertwasser. Kopfschüttelnd schauen manche auf seine Architektur. Das soll halten? So kann doch kein normaler Mensch wohnen.
Doch, kann. Doch, hält. Der Künstler Friedensreich Hundertwasser hat sich immer wieder Neues einfallen lassen. Spielerisch bewegt er sich zwischen Baukunst, Malerei, Improvisationskunst.
Friedrich Stowasser hieß er ursprünglich. Aus dem tschechisch geprägten Nachnamen Stowasser macht er Hundertwasser. Sto bedeutet Hundert im Tschechischen. Und statt Friedrich nennt er sich Friedensreich. Wie ein Programm: Kunst machen, Häuser bauen, Raum schaffen für ein Friedensreich. Idealerweise im Einklang mit der Natur.
Die bunten Muster, kaum gerade Linien – das passt auch zu seinem Leben. In Wien wächst er allein mit der Mutter auf, besucht die Montessori-Schule, später studiert er Kunst, bricht aber das Studium ab. Auf eigene Faust erkundet er nach dem Zweiten Weltkrieg Europa, Nordafrika. Und die Kunstwelt. Er findet zu sich, zu seiner eigenen Lebens-Kunst.
Was er schafft, ist stets erkennbar Hundertwasser. Eigenwillig. Immer soll es sinnvoll, gut für die Gesellschaft und die Umwelt sein.
Heute am 19. Februar vor 25 Jahren ist Hundertwasser gestorben. Und heute an diesem Datum haben mein Mann und ich Hochzeitstag, standesamtlich vor 37 Jahren. Eine Freundin hat uns damals ein riesiges Poster geschenkt. Es zeigt das Hundertwasserhaus in Wien. Mit einem knallroten Rahmen drumrum hing es viele Jahre bei uns in den wechselnden Wohnungen. Die Freundin fand: Es passt zu euch. Und es passt zu einer Ehe. Da gibt es nicht nur gerade Wände und Winkel. Da muss nicht alles so exakt sein, lieber schräg zwischendurch und bunt. Und du siehst dich nicht satt daran. Entdeckst immer wieder Neues. Auch Baustellen, Renovierungsbedarf.
Ich bin froh: Unsere Ehe hat gehalten. Durch alle Zeiten und Wechsel hindurch. Das Poster vom Hundertwasserhaus hängt schon lange nicht mehr in unserer Wohnung. Wir haben es irgendwann aussortiert. Es muss nicht immer alles gleich bleiben. Veränderung, Tapetenwechsel, Chaos im Lebenslauf – willkommen! Ich glaube, Hundertwasser würde das auch so sehen.
Gerade Linien sind gottlos, sagt er einmal.
Und mit Gott will ich rechnen. Solange ich lebe und liebe.
Es gilt das gesprochene Wort.