Was brauchst du, um gut durchs Leben zu reisen? Stabilität nach außen und innen Freiheit zum Beispiel.
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Soulboat-Workshop. Seelenboote bauen. 14-17 Uhr in der Kathedrale, das lese ich auf der Homepage. Wir machen gerade Urlaub in Wales. Die Kathedrale ist ganz in der Nähe. Los, da melden wir uns an.
Und jetzt sitzen wir hier im Kreis, in der Lady´s Chapel der Kathedrale von St. Davids: Neun Frauen, ein Mann, meiner. Jake und Gillian, ein Künstlerpaar arbeitet für ein paar Sommerwochen hier in der Pilgerarbeit mit. Sie begleiten die Gruppe. Wir trinken Tee und tauschen uns aus: Wie sieht dein Lebensboot aus, dein Seelenboot, außen und innen? Was brauchst du, damit du gut durchs Leben reisen kannst? Was hat sich bisher bewährt? Und welche neuen Meere wirst du in Zukunft bereisen? Was macht dein Boot sicher und seefest? - Jake hält ein Boot aus Pappe hoch und erklärt uns, wie wir selbst eins bauen können. Ein Seelenboot.
Und dann geht es los. Pinsel, Farben, Hölzer, Papier – eine große Auswahl an Material liegt aus. In den Seitenkapellen sind einzelne Tische mit je einem Stuhl aufgebaut. Einzelarbeitsplätze. Für eineinhalb Stunden werkelt dort jede für sich. Im Schweigen.
Mein Soulboat wächst unter meinen Händen. Außen will ich es vor allem stabil haben. Ich weiß, es muss was aushalten. Das hab ich schon erlebt. Ich bin in den bisherigen Lebensstürmen nicht untergegangen. Da hat mich was getragen. Durch stürmische Zeiten. Stabil. Beim Basteln und Bauen spüre ich, wie dankbar ich bin.
Und innen im Boot – da soll viel offen sein - nach oben, zum Sonne-und-Wind-Spüren. Aber ich bau mir auch so eine Art Kajüte. Da ist es ein bisschen kuschelig. Ich kann für mich sein, mich mal verkriechen.
Das Boot-Bauen macht Spaß. Ich hab so viele Ideen, und da sind Materialien in Hülle und Fülle. Auf die eine Innenseite, Backbord, schreibe ich: "Sein Boot hat goldene Planken, das trägt dich." Das ist eine Zeile aus einem Gedicht, das mich seit Jahrzehnten begleitet. Ich habe es bei der Taufe unseres Sohnes gelesen. Als Gebet für unser Kind auf seinem Lebensweg. Da wartet an einem Fluss ein Fährmann. Er fährt dich hinüber zum gegenüberliegenden Ufer. Dort werden dir Menschen begegnen, die dich lieben.
Ich lese in dem Fährmann immer Gott mit. "Sein Boot hat goldene Planken, das trägt dich." Dieses Gedicht gehört auf jeden Fall und für immer in mein Seelenboot.
Ich bin glücklich mit dem, was ich da bisher gebastelt habe. Blöd nur, dass der Mastkorb immer wieder runterfällt. Der Kleber hält nicht. Und überhaupt - am Ende reicht die Zeit nicht.
In der Schlussrunde zeigen wir einander unsere Seelenboote. Ich auch. Ja, perfekt geht anders. Aber es ist meins, und es hält.
Es gilt das gesprochene Wort.
Literatur der Sendung:
1. "Für ein Kind" von Günter Bruno Fuchs, 1992, Gedichte und kleine Prosa, S. 59, München: Hanser
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