Gedanken zur Woche
Kein Vaterunser im Kino
18.12.2015 05:35

Star Wars zu Weihnachten. Gerade rechtzeitig zur Weihnachtszeit kommt der neue Teil der Kinoserie auch in Deutschland in die Kinos. „Das Erwachen der Macht“ lautet der Titel dieser 7. Folge.

Aber schon im Vorfeld kam es zu einem Zwischenfall. Die anglikanische Kirche in England wollte die Popularität dieses erfolgreichen Blockbusters nutzen, und im Vorprogramm mit einem Werbefilm auf den christlichen Glauben aufmerksam machen. Keine Minute dauert dieser kurze Video-Clip. Er zeigt ganz unterschiedliche Menschen, die alle das „Vaterunser“ beten. Der Erzbischof von Canterbury ist zu sehen, wie er Kraft und Hoffnung schöpft aus dem bekanntesten Gebet der Christenheit. Aber auch Menschen, wie man sie aus dem Alltag kennt. Kinder und Ältere, Männer und Frauen, Schwarze und Weiße. Man sieht Menschen in Trauer und bei Hochzeitfeiern, Rettungskräfte an Unfallorten und eine Flüchtlingsfamilie aus Somalia. Und dann, durchaus symbolisch gemeint, sogar einen Hirten. Inmitten seiner Herde erinnert er an die Hirten zu Bethlehem. Und daran, dass Weihnachten eine Botschaft hat, die man doch nicht vergessen soll über diesem geschäftigen Trubel der Festtage.

Eine gute Idee und ein schöner Kurzfilm. Er zeigt, wie aus den wenigen Worten eines kurzen Gebets tatsächlich Kraft und Lebensmut zu entnehmen ist. Aber dazu kam es dann doch nicht, jedenfalls nicht in England und nicht in den Kinos! Die Betreiber der großen Kinoketten dort weigern sich nämlich, den Kurzfilm zu zeigen. Sie meinen, die Gefühle der Muslime und Atheisten könnten verletzt werden, würde man sie im Kino mit dem Vaterunser konfrontieren. So lautet jedenfalls die offizielle Begründung dieser ungewöhnlichen Verweigerung eines Werbefilms. Dann kam heraus, dass diese Kinobetreiber grundsätzlich alle religiösen und politischen Stellungsnahmen ablehnen, um ihre Kundschaft nicht zu verprellen.

Dabei wäre der Videoclip zum Vaterunser doch eine gute Ergänzung gewesen. Gerade jetzt zum Advent hätte er gezeigt, dass Weihnachten sehr wohl eine religiöse Botschaft beinhaltet.

Es ist ohnehin kein Zufall, dass der neue „Star Wars“ Film gerade jetzt zu den Feiertagen in die Kinos kommt. Frei von religiösen Bekundungen jedenfalls ist „Das Erwachen der Macht“ nicht. Für die Fans ist die Serie der Star Wars Filme globaler Kult. Nichts anderes sind die Filme als eine gewaltige mythologische Erzählung. Sie greifen Motive aus den Religionen auf und verarbeiten sie. In ihnen kämpfen die Mächte der Finsternis gegen jene des Lichts. Sie zeigen, wie Gut und Böse unterschieden werden können. Fragen der Moral werden verhandelt und die Werte, die den Menschen zum Menschen machen. Die Filme bündeln die Ängste und Sehnsüchte der Welt und stellen universale Fragen. Nicht zuletzt geht es um den Sinn des Lebens und um die Ehrfurcht vor der Macht. Jene transzendente Kraft, die wie eine unfassbare göttliche Sphäre über allem wacht.

Religion also steht Modell für „Star Wars“: Christliche, jüdische und buddhistische Vorstellungen sind dabei so zusammengestellt, dass die Welt überschaubar wird. Diese Religion aus dem Disneyland ist leichter zu erfassen als die Wirklichkeit mit ihren Problemen, vor allem aber ist sie unterhaltsamer.

Das muss nicht schlecht sein – und könnte anregen, über Religion und ihre universalen Fragen ins Gespräch zu kommen. Beim Vaterunser-Clip der anglikanischen Kirche jedenfalls ist das passiert. Millionen haben sich gegen die Ablehnung des Imperiums der Kinobetreiber zur Wehr gesetzt. Und sich dann im Internet angeschaut, wie Menschen das Vaterunser beten. Wie sie Kraft und Hoffnung daraus schöpfen. Vielleicht mehr, als es im Vorprogramm der Kinos möglich gewesen wäre.

Wenn Sie mit mir über Religion und moderne Mythen sprechen wollen: Sie können mich bis 8 Uhr telefonisch erreichen unter der Nummer 030 – 325 321 344. Oder Sie diskutieren mit, auf Facebook unter „deutschlandradio.evangelisch“.