gemeinfrei via wikimedia commons / Herrad von Landsberg
Abraham-Abkommen
Hoffnungsschimmer für den Nahen Osten
04.07.2025 06:35

Inmitten der Hiobsbotschaften aus dem Nahen Osten ging eine Nachricht beinahe unter. Dabei bedeutet sie zumindest einen Lichtblick für Israel und seine arabischen Nachbarn.

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Der Nahe Osten ist derzeit ein brodelnder Kessel. Zu viele Probleme heizen den Krisenherd immer weiter an: Zwischen Israel und dem Terrorregime der Hamas, zwischen dem Iran, der im Verdacht steht, an einer Atombombe zu bauen, und Israel, dem davor graut. Auch die Nachbarländer sind davon betroffen. Die Angst vor einem Flächenbrand ist nicht unbegründet.

Inmitten dieser Hiobsbotschaften konnte eine Meldung beinahe untergehen. Dabei bedeutet sie zumindest einen Lichtblick. Auf Initiative der USA gibt es Verhandlungen zwischen Israel und der neuen Regierung in Syrien. Konkret geht es um einen Beitritt Syriens zu dem sogenannten Abraham-Abkommen, der Abraham Accords Declaration. Auch der Libanon zeigt sich verhandlungsbereit. Saudi-Arabien bekundet zumindest Interesse. Worum geht es?

Das Abraham-Abkommen wurde schon vor fünf Jahren ins Leben gerufen: Damals unterzeichneten es Israel, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain. Sie erklärten damit ihre grundsätzliche Bereitschaft, ihr Verhältnis zu Israel zu normalisieren. Kurz darauf schlossen sich Marokko und der Sudan an.

Das Abkommen ist ein zaghafter Schritt, kein vollmundiges Versprechen. Manche haben die vagen Formulierungen bemängelt. Aber ein kleiner Schritt ist gerade jetzt verheißungsvoll, weil es an Alternativen mangelt und Lösungen kaum auszumachen sind.

Zunächst geht es in diesem Abkommen nur um die gegenseitige Anerkennung der bloßen Existenz. Nicht viel. Eigentlich selbstverständlich. Und doch unendlich viel, wenn man auf die aktuelle Lage schaut: Der Iran weigert sich nach wie vor, die Existenz Israels zu akzeptieren. Das erklärte Ziel des Regimes ist noch immer die Vernichtung des Staates Israel. Der iranische Revolutionsführer Ali Chamenei hat Israel wiederholt als "Krebsgeschwür" bezeichnet, "das beseitigt werden" müsse.

Das ist keine Grundlage für Verhandlungen. Umso verheißungsvoller wirkt die Bereitschaft der arabischen Länder, den Staat Israel grundsätzlich anzuerkennen. Wenn nun auch Syrien, der Libanon und sogar Saudi-Arabien hinzukommen, besteht die Chance, die quälende Situation der Palästinenser wieder zum Thema zu machen.

Was meine Hoffnung zusätzlich bekräftigt, ist die Person, die dem Abkommen den Namen gegeben hat: Abraham, auf Arabisch Ibrahim. Abraham bedeutet so viel wie Vater der Völker. Deshalb berufen sich Juden, Christen und Muslime auf ihn als Stammvater ihres Glaubens und werden als abrahamitische Religionen bezeichnet.

Die Vereinbarung nach ihm zu benennen, ist aus zwei Gründen vorteilhaft. Zum einen wird deutlich: In diesen Konflikten schwingen immer religiöse Motive mit. Es geht um Macht, aber auch um Menschen mit ihrem Glauben. In allen arabischen Ländern leben ja nicht nur Muslime, sondern auch Juden und Christen. Sogar in Gaza gibt es eine christliche Gemeinde, in Teheran ein knappes Dutzend Synagogen. Und in Israel bilden Araber mit muslimischem oder christlichem Glauben immerhin 20 Prozent der Bevölkerung. Die Bekenntnisse der Menschen sind grenzüberschreitend. Dafür, dass sie alle in Koexistenz leben können, ist die gegenseitige Anerkennung die Voraussetzung.

Und dafür ist Abraham eine ideale Leitfigur: Er steht für den Monotheismus, also für den Glauben an einen Gott, zu dem verschiedene Wege führen. Zum anderen aber ist ihm auch der humane Aspekt des Glaubens zu verdanken: Nach Abraham darf kein Mensch mehr geopfert werden, kein Mensch soll unter einer menschenverachtenden Ideologie leiden oder Opfer von religiösen Fanatikern werden.

Wenn im Nahen Osten eine interreligiöse Autorität eine Annäherung bewirken kann, dann ist es Abraham. Er steht für die Gemeinsamkeiten und für einen menschlichen Glauben. Deshalb ist es hoffentlich nicht nur ein frommer Wunsch, dass aus dem Abraham-Abkommen einst Friedensverträge erwachsen könnten.

Es gilt das gesprochene Wort.

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