Mit einem Dutzend Konfirmanden waren wir übers Wochenende in der Brandenburger Provinz unterwegs. Waldspaziergänge, Baden im See, Großeinkauf im Dorfladen, Eisessen im Waldgasthof, eine schöne Auszeit von der Großstadthektik.
Schnell war die Zeit vorbei und wir zogen in kleinen Grüppchen zur Bushaltestelle. Ein schlaksiger Junge, nur wenig älter als meine Konfirmanden, kam uns entgegen und ein paar Jungen aus unserer Gruppe kommentierten seinen Gang, sein Aussehen und fühlten sich sehr überlegen. „Das wird bestimmt der Dorfdödel sein“, lästerte einer meiner Konfirmanden. Mit einer trotzigen Bemerkung wehrte sich der Junge gegen die Anmache und zog weiter.
Als wir zehn Minuten später an der Bushaltestelle ankamen, erwartete uns dieser Junge und in kleinem Abstand saßen vier seiner Freunde in einem offenen Jeep und freuten sich auf die kommenden Ereignisse. Alles zielte auf Krawall.
Ich legte ein paar Schritte zu, um einzugreifen, wenn sich die Gewaltspirale in Gang setzt. Der Junge hatte sich bereits breitbeinig vor dem Lästermaul aufgebaut und fragte provokant: „Wer ist hier jetzt der Dorfdödel?“ Mein Konfirmand sagte erstmal nichts, versuchte immerhin dem Blick des Jungen standzuhalten, aber man sah ihm seine Angst an.
Eine kurze Zeit stand ich still dabei, um den Konfirmanden zu ermutigen, sich nun zu entschuldigen. Doch so weit war er noch nicht. Also wandte ich mich an den Jungen und lobte ihn, dass er sich bereits gegen die Beleidigung gewehrt hatte, als er noch ganz allein war. Das war sehr mutig, sagte ich voller Respekt. Jetzt mit vier Freunden im Rücken ist das schon nicht mehr so beeindruckend. Aber es bliebe dabei, er sei im Recht und habe Anspruch auf eine Entschuldigung. Und die soll er auch bekommen. Und nun sprach ich meinem Konfirmanden eine Entschuldigung vor und verlangte, dass er sie nachspricht. Und das tat er nach leichtem Zögern.
Doch der Kampf mit den Augen ging zwischen den beiden weiter. Und so intervenierte ich auch da. „Du hast dich entschuldigt, weil du den Jungen beleidigt hast und jetzt dreh dich bitte um.“ „Das war´s“, sagte ich zu dem Jungen, „du kannst zu deinen Freunden zurückgehen. Du hast deine Genugtuung bekommen. Das muss reichen, eine Prügelei gibt es nicht. Aber meine Hochachtung, dass du dir nichts gefallen lässt, auch dann nicht, wenn die anderen in der Überzahl sind.“ Es war faszinierend, was sich in den Blicken zwischen den beiden abgespielt hatte. Am Ende war die Kapitulation mit den Augen wohl genau so wichtig wie die Worte der Entschuldigung.
Du siehst mich - das Motto des heute beginnenden Kirchentages hat viele Facetten.